Keine Illusionen!

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ANALYSE. In Klagenfurt wird gegen einen Journalisten, der Missstände aufgedeckt hat, ermittelt; wegen des Beitrags zur Verletzung des Amtsgeheimnisses. Darf man umso mehr auf „die“ Informationsfreiheit hoffen? Woher.

Nicht wenige Beobachter fühlen sich in der Forderung bestätigt, dass es an der Zeit sei, „die“ Informationsfreiheit einzuführen. Der eine oder andere reagiert denn auch erleichtert darauf, dass Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor wenigen Tagen angekündigt hat, im Herbert damit ernst zu machen: Aus Kärnten ist die Meldung gekommen, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Journalisten Franz Miklautz Ermittlungen wegen „des Beitrags zu Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes“ aufgenommen und auch schon dessen Handy und Computer sichergestellt habe.

Miklautz hatte laut ORF.AT „korrekt, aber für die Beteiligung peinlich, über Misswirtschaft im (Klagenfurter) Rathaus“ berichtet. Laut „Standard“ schrieb er etwa im „Kärntner Monat“, dass Magistratsdirektor Peter Jost 2022 ganze 800 Einheiten an Überstunden angesammelt und so zu einem Verdienst von knapp 270.000 Euro gekommen sei.

Das ist von öffentlichem Interesse. Hierzulande wird jedoch dem, der das als Journalist bekannt macht, vorgeworfen, zu einer Verletzung des Amtsgeheimnisses und des Datenschutzes beitragen zu haben; irgendjemand muss ja die Informationen beschafft haben, die zur Story führten.

Macht das Schule, gibt es keinen Aufdeckungsjournalismus mehr: Dessen Aufgabe ist es ja nicht, bekannt zu machen, was Politiker und Beamte gerne hätten, sondern allfällige Missstände aufzuzeigen, die diese verbergen wollen. Wobei Personen notwendig sein können, die gegen Gesetze verstoßen. Was grade in Österreich bald einmal der Fall ist.

Hier ist zu viel geheim. Es gilt die Regel: Geheim zu halten ist, was nicht ausdrücklich veröffentlicht werden muss. Seit Jahren wird zwar eine Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung einer Informationsfreiheit angekündigt, diesbezüglich sollte man sich jedoch keinen Illusionen hingeben. Schon mehrfach ist auf diesem Blog der Staats- und Verwaltungsrechtler Ewald Wiederin dazu zitiert worden. Er warnt, dass das Geheimhaltungsprinzip nur die Kleider wechseln würde; dass es sich einen Tarnanzug überziehen und dadurch sogar an Kraft gewinnen würde.

Wiederin bezieht sich auf einen älteren Entwurf. Daran gehändert hat sich jedoch nichts. In Edtstadlers Papier aus dem Jahr 2021 ist eine umfassende Einschränkung des Informationsfreiheitsprinzipe enthalten. Zitat: Es „gilt nicht, soweit deren Geheimhaltung aus zwingenden integrations- und außenpolitischen Gründen, im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Vorbereitung einer Entscheidung, zur Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens einer Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers oder zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen erforderlich und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist.“ Wenn also zum Beispiel Datenschutz dagegen spricht.

Auch nach Einführung einer solchen „Informationsfreiheit“ könnte sich eine Staatsanwaltschaft finden, die (erstens) bei einem Aufdeckungsjournalismus wie nun in Kärnten eine Verletzung überwiegend berechtigter Geheimhaltungsinteressen durch diejenige Person ortet, die entsprechende Informationen beschafft hat sowie (zweitens) einen Beitrag dazu durch den Journalisten sieht, der eine Geschichte daraus macht.

Zumal es in Österreich nicht nur an der notwendigen Entschlossenheit mangelt, ernstgemeinte Informationsfreiheit zu ermöglichen, sondern auch an einem Transparenzverständnis, wie es erforderlich wäre. Das ist ein Kulturproblem. Deutlich wird es etwa, wenn man den jüngsten Bericht der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (Greco) liest. Darin wird der Republik zum Beispiel empfohlen, Vermögen von Regierungsmitgliedern, Kabinettsmitarbeitern und Generalsekretären aufgeschlüsselt zu veröffentlichen. Die Überlegung dazu ist klar: Das sind Leute, die sehr viel Macht haben und auch ausüben. Es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger über mögliche Abhängigkeitsverhältnisse Bescheid wissen. Immerhin haben sie der Allgemeinheit verpflichtet zu sein und sonst niemandem. Im Grunde genommen gilt das gerade auch auf kommunaler Ebene, für einen Bürgermeister oder einen Magistratsdirektor, weil bei ihnen eher viel Einfluss und wenige Kontrolle durch Medien die Regel ist. Eine solche Transparenz scheint jedoch unvorstellbar. Da wird zur Not mit „Datenschutz!“ dagegen argumentiert.

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