Demokratiepflege lässt auf sich warten

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BERICHT. Kanzler und Vize sagen lieber nichts zum Zustand, Verfassungsministerin Edtstadler berichtet von Reformen, die sich durchwegs verzögern: Informationsfreiheit, Medienförderung etc.

Gerade als Bundes- oder Vizekanzler könnte man ja eine Meinung zum Demokratie-Report haben, den die Universität Göteborg im Frühjahr veröffentlicht hat. Sowohl Karl Nehammer (ÖVP) als auch Werner Kogler (Grüne) ziehen sich in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung jedoch auf einen formalen Standpunkt zurück: Das sei nicht Gegenstand ihres Vollzugsbereichs gemäß Bundesministeriengesetz. Also können sie nicht darauf eingehen.

Zur Erinnerung: Österreich ist von einer liberalen zu einer Wahl-Demokratie herabgestuft worden. Das hat unter anderem damit zu tun, dass man zwar wählen darf, einem jedoch – z.B. aufgrund des Amtsgeheimnisses – wichtige Informationen vorenthalten werden.

Sehr wohl Antworten erhielt die sozialdemokratische Bundesrätin Korinna Schumann von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Im Demokratie-Report spiegelt sich ihr zufolge nieder, dass Coronagesetze vor ihrer Beschlussfassung keiner oder nur einer kurzen Begutachtung unterzogen werden konnten. „Auf die Gefahren des Virus musste legistisch rasch reagiert werden“, so Edtstadler. Es sei ihr jedoch ein „großes Anliegen, dass der Gesetzgebungsprozess transparent gestaltet wird und vor allem Begutachtungsverfahren ausreichend lang stattfinden, was außerhalb der COVID-19-Pandemie auch wieder wie gewohnt passiert.“

Genau das ist vom Rechnungshof jedoch soeben in Abrede gestellt worden. Es sei ihm „ein Dorn im Auge“, dass die sechswöchige Begutachtungsfrist für Gesetzesvorhaben der Regierung immer wieder unterschritten wird, heißt es in einem Bericht der Parlamentskorrespondenz zum jüngsten Tätigkeitsbericht des Prüforgans:: „Er nehme zwar zur Kenntnis, wenn die Frist zur Umsetzung dringender COVID-19-Maßnahmen verkürzt werden müsse, im vergangenen Jahr seien aber auch Ministerialentwürfe ohne Pandemie-Zusammenhang mit Stellungnahmefristen von nur wenigen Arbeitstagen versendet worden.“ Edtsdaler könnte das wissen: Vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes wird in Stellungnahmen zu Begutachtungsentwürfen regelmäßig kritisiert, dass die sechswöchige Frist nicht eingehalten wird. Das ist ein Standard-Satz.

Im Übrigen berichtet Edtstadler in ihrer Anfragebeantwortung, am 12. April in Brüssel zum Österreichkapitel des jährlichen Rechtsstaatlichkeitsberichtes der Europäischen Kommission wesentliche Reformvorhaben vorgestellt zu haben. Allein: Sie ließen allesamt schon damals auf sich warten und tun es noch immer. Konkret erwähnt die Ministerin „etwa die geplante Einrichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft, die Reform der Parteienfinanzierung, die Neustrukturierung der Medienförderung und das Informationsfreiheitsgesetz“. Für letzteres ist Etdstadler selbst zuständig.

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