Bauern werden bevorzugt

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ANALYSE. Im Schatten der Pandemie hat es die Regierung eilig, ein paar Maßnahmen zu setzen, die exakt null damit zu tun haben, aber ebenfalls teuer sind.

Damit kein Missverständnis entsteht: Jede Österreicherin, jeder Österreicher soll möglichst gut absichert sein und eine Pension haben, die ein Altern in Würde erlaubt. Die Verbesserungen, die die Regierung für Bauern setzt, sind jedoch fragwürdig; und zwar in der Art und Weise, wie sie durchgesetzt werden; und im Gesamtkontext, in dem sie stehen.

Man kann durchaus von Bauernprivilegien schreiben, die hier geschaffen werden sollen. Zeuge: Ex-Landwirtschafskammerpräsident Rudolf Schwarzböck (ÖVP). Als es 2004 zu einer Pensionsharmonisierung kam, betonte er, dass es „in keinem Punkt eine Bevorzugung der Bauern gegenüber anderen Berufsgruppen“ gebe, sondern „vielmehr eine faire und finanzierbare Lösung für alle“. Grund: Bei den Bauern gebe es gewisse Nachteile wie das „fiktive Ausgedinge“ oder den Solidaritätsbeitrag von „Bauernpensionisten“. Allein: Das fiktive Ausgedinge wird nun so weit reduziert, dass die Bauern angeblich um durchschnittlich 450 Euro mehr Pension pro Jahr bekommen (Quelle: ÖGB); und der Solidaritätsbeitrag in Höhe von 0,5 Prozent soll überhaupt gestrichen werden. Bleibt – frei nach Schwarzböck – also eine Bevorzugung übrig.

Im Übrigen soll im Schatten der COVID-19-Gesetzesflut die Krankenversicherungs-Mindestbeitragsgrundlage für Landwirte gesenkt werden; und für jüngere Bauern, die hauptberuflich im elterlichen Betrieb tätig sind, soll die Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung erhöht werden. Bezahlt werden soll das aus dem Budget, also von allen Steuerzahlern.

Um die Umsetzung muss sich Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) kümmern. Aufgrund der Ressortzuständigkeit kommt der vorliegende Begutachtungsentwurf von ihm und nicht etwa von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Übler Beigeschmack: Nicht nur, dass die Sache ohnehin gerade untergeht, Anschober legte den Entwurf am 23. Juni vor – und ließ die Begutachtungsfrist am 26. Juni auch schon wieder enden. Debatte unmöglich.

Eine solche wäre jedoch nötig: Staatsausgaben sind zu einem erheblichen Teil Pensionsausgaben. Tendenz steigend, nachhaltige Absicherung offen. Wobei der Druck in Folge der Coronakrise wohl eher zunehmen wird. Naheliegend wäre es, unter diesen Umständen zumindest vorerst keine neuen Maßnahmen zu fixieren, die ins Geld gehen. Dass man auf eine solche Behutsamkeit pfeift, lässt tief blicken.

Und überhaupt: Pensionen sind gerade in Krisenzeiten eine sehr sichere Leistung. Im Unterscheid zu Löhnen, die viele in Folge von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit (zumindest teilweise) verlieren. Oder gar nicht erst bekommen, wie die Jungen, die im Moment keine Aussicht auf eine Lehrstelle haben.

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