Sicherheitsrisiko Österreich

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ANALYSE. Der Versuch der ÖVP, mit der Staatsaffäre Ott in den Wahlkampf zu ziehen, sie also parteipolitisch auszuschlachten, ist unverständlich. Der Preis dafür ist hoch.

Ob bis zur Nationalratswahl noch etwas übrig bleibt vom „Österreich-Plan“ von ÖVP-Chef, Bundeskanzler Karl Nehammer? Das mit der „Leitkultur“ ist eigener Unfähigkeit zum Opfer gefallen. Jetzt geht es an den Punkt „Sicherheit“. Auch darauf wollte Nehammer ganz besonders setzen. In guter alter Tradition. Es hat schon Zeiten gegeben, da hat sich seine Partei gar als Sicherheitspartei bezeichnet. Es ist nicht lange her: Zuletzt tat sie es in einer Aussendung vor sechs Tagen.

Die Staatsaffäre Ott ist das Problem. Beziehungsweise der Umgang der ÖVP damit. Es war von vornherein hochriskant, so zu tun, als wäre das ausschließlich eine freiheitliche Affäre. Zu nah dran war und ist man selbst, zu viel Verantwortung trägt man: Von den vergangenen 24 Jahren stellte man 22,5 Jahre lang den Innenminister, die Innenministerin. Dazwischen war Herbert Kickl (FPÖ) am Werk, dessen Partei eng ist mit Wladimir Putins „Einiges Russland“. Ausgerechnet dem Vertreter dieser Partei hat die „Sicherheitspartei“ das Innenministerium überlassen. Das sagt alles. Doch weiter: Schon vor Kickl gab es laut „Falter“ Warnungen in Bezug auf russische Infiltration. Da war Wolfgang Sobotka (ÖVP) Ressortchef.

Kickl hatte im Übrigen eine „Aufpasserin“: Als Staatssekretärin war ihm Karoline Edtstadler (ÖVP) zugeordnet. Aufgabe nicht ernstgenommen? Von Nehammer, der die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz 2018 ausdrücklich gedeckt hat, war hier schon mehrfach die Rede.

Vor diesem Hintergrund ist die wahlkampfmotivierte Taktik der ÖVP verrückt. Vor diesem Hintergrund müsste sie mehr denn je staatstragend agieren: Untersuchungen in jede Richtung. Botschaft: Wir müssen reinen Tisch machen, sonst sind wir isoliert in der westlichen Welt. Kann sein, dass das auch für uns schmerzlich ist. Hier geht es letzten Endes jedoch um einen glaubwürdig-konsequenten Umgang mit einem Aggressor, der Krieg gegen die Ukraine führt und dem man es bei einem hybriden Angriff auf Österreich offenbar leicht gemacht hat.

Wobei dieses Österreich ein vor allem in Europa vernetztes ist, sodass das Ganze hier nicht nur eine Staatsaffäre und schon gar nicht bloß eine FPÖ-Angelegenheit ist, sondern eine internationale Sache; Österreich hat sich zu einem Sicherheitsrisiko für viele gemacht.

Wenn die ÖVP so weitermacht, kann sich Andreas Babler (SPÖ) ernsthaft noch Hoffnungen aufs Kanzleramt machen: Sie ist dabei, sich sicherheitspolitisch aufzugeben. Es reicht ihr nicht, dass die Leute ihren Regierungsvertretern Karner und Klaudia Tanner ohnehin schon überwiegend misstrauen (vgl. APA/OGM-Vertrauensindex). Sie will sich ganz trennen von ihrem einstigen Markenkern. Sie legt es darauf an, gemeinsam mit der FPÖ geschnitten zu werden in Berlin, Paris, London und Washington (zumindest so lange Donald Trump dort nichts zu sagen hat).

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