Zu unauffällig

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ANALYSE. Mit Ausnahme von Van der Bellen und Kickl fallen österreichische SpitzenpolitikerInnen sehr vielen Menschen weder positiv noch negativ auf. Besonders für Nehammer, aber auch Rendi-Wagner, ist das ein Alarmsignal.

Im Auftrag der Gratiszeitung „Heute“ hat das Meinungsforschungsinstitut „Unique Research“ erhoben, wie österreichische SpitzenpolitikerInnen Menschen in den letzten zwei Wochen aufgefallen sind. Die Ergebnisse kann man unterschiedlich lesen. Zum Beispiel so: Die höchsten „Positiv“-Anteile erreichten Bundespräsident Alexander Van der Bellen (36 Prozent), Gesundheitsminister Johannes Rauch und Justizministerin Alma Zadic (je 25) sowie FPÖ-Chef Herbert Kickl (24). Oder so: Die meisten „Negativ“-Nennung entfielen auf Kickl (52), SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner (42) und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (41).

Hier soll es jedoch darum gehen: Die mit großem Abstand meisten entweder „Positiv“- oder „Negativ“-Nennungen gab es für Kickl (73) und Van der Bellen (76). Bundeskanzler Karl Nehammer folgt, aber mit nur 60 Prozent, also schon einem deutlich kleineren Prozentsatz. Die Regel bei den SpitzenpolitikerInnen sind weniger als 50 Prozent. Das leitet über zu einer Schwäche.

Politikerinnen und Politiker streben meist an, positiv wahrgenommen zu werden. Bei Kickl ist das anders: Ihm geht es darum, zu polarisieren, ja gerne auch negativ aufzufallen. Damit ist er erfolgreich. Direkt und indirekt. Indirekt verschafft es ihm wenige, aber feste Anhänger. Und wie man sieht, kann man auch damit in die Nähe einer relativen Mehrheit kommen. Zur Erinnerung: Nur Van der Bellen, Rauch und Zadic fallen mehr Leuten positiv auf als Kickl.

Das Schlimmste für PolitikerInnen ist, von einer Masse nicht bemerkt zu werden. Der einzige, dem dieses Schicksal neben Kickl auf Bundesebene wirklich erspart bleibt, ist Van der Bellen. Er arbeitet nicht damit, Leute gegen sich aufzubringen, sondern steht für etwas (Europäische Integration, Korruptionsbekämpfung etc.) und nimmt dabei in Kauf, Leute gegen sich aufzubringen. Das ist ein Unterschied.

Dass Karl Nehammer als Bundeskanzler, aber auch Pamela Rendi-Wagner als Vorsitzende der größten Oppositionspartei, in Zeiten wie diesen nur jeweils 60 Prozent positiv oder negativ auffallen, ist ein Alarmsignal für sie und erklärt nebenbei auch ein Stück weit den derzeitigen Lauf von Herbert Kickl: Mehr denn je würde es darauf ankommen, für gewisse Dinge zu stehen; für einen bestimmten Umgang mit der Teuerung und vielen anderen Hausforderungen oder eine schlüssige Außen- , Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Bei so großen Fragen, wie sie sich derzeit stellen, müsste es dabei eigentlich in der Natur der Sache liegen, dass das nur ganz wenige Menschen unberührt lässt.

These: Dass Nehammer und Rendi-Wagner mit Zweifeln aus den eigenen Reihen konfrontiert sind, ob sie denn die richtigen Spitzenkandidaten wären bei der nächsten Nationalratswahl, hat auch damit zu tun. Sie regen zu wenig auf. Und zwar nicht um des Aufregens willen (wie Kickl), sondern in einem verantwortungsbewusst politikmachenden Sinne. Bei zu vielen Menschen kommen sie mit dem, was sie vertreten, weder positiv noch negativ an, sondern gar nicht.

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