Was bleibt vom Klimaschutz?

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ANALYSE. Die Folgen des Coronavirus gefährden die ohnehin schon vagen Regierungspläne. Womit den Grünen einmal mehr Ungemach mit der ÖVP droht.

Sagen wir so: Es müsste ein Wunder geschehen, damit die wirtschaftlichen und budgetären Folgen des Coronavirus nicht sehr groß werden. Italien ist zu, die Universität Innsbruck ist über Nacht zu einer Fern-Uni geworden, weitere Maßnahmen sind absehbar. Abgesehen davon gibt’s ohnehin schon die ersten Folgen: Die gesamte Reisebranche ist de facto zum Erliegen gekommen, die türkise Regierungshälfte hat umgehend ein 100-Millionen-Euro-Haftungspaket verkündet.

Wenn man bedenkt, dass vor gar nicht allzu langer Zeit noch kaum jemand wusste, was das Coronavirus ist, ist schon unglaublich viel zusammengekommen. Fortsetzung folgt: Wie in Deutschland sollten auch in Österreich Großveranstaltungen gecancelt werden, so die Medizinerin, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Was das bedeutet? Allein der Vienna City Marathon soll ein Wertschöpfung von rund 150 Millionen Euro bringen. Da kann man sich ausmalen, um wie viel es hier bei ein paar solcher Events gehen würde.

Die Regierung wird kaum umhin kommen, ihre bisherigen Budget- und Steuerpläne sicherheitshalber ad acta zu legen. Ob etwa die simple (und nicht nachhaltige) Entlastung von Lohn- und Einkommensbeziehern, die für das kommende Jahr vorgesehen ist, sinnvoll sein wird, ist zu sehr zu bezweifeln.

Aus grüner Sicht schlimmer ist jedoch, dass „das Beste“ wackelt, was sie aus ihrer Welt zum Zustandekommen dieser Koalition eingebracht haben: die Klimaschutzpläne. Grund eins: Sie sind nur vage skizziert und das vor allem auch nur unter der Annahme, dass die Wirtschaft ganz normal weiter wächst. Anders ausgedrückt: Schon in Normalzeiten wäre es schwierig für die Grünen, die ÖVP für Konkretes zu gewinnen. Eine Ahnung davon hat man bekommen, als sich Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) im Jänner gegen eine Abschaffung des Dieselprivilegs ausgesprochen hat, obwohl das zum Mindestprogramm einer Ökologisierung gehören würde.

Grund zwei: So wie die Ökologisierung im Regierungsprogramm angelegt ist, ist sie vor allem eines: aus budgetärer Sicht extrem teuer. Der Ansatz lautet nicht so sehr, klimaschädliches Verhalten weniger zu fördern und stattdessen zu belasten, sondern einfach nur klimafreundliches Verhalten zusätzlich zu unterstützen. Das treibt den Preis quasi dreifach in die Höhe.

Zu den angedachten Förderungen hat der Budgetdienst des Parlaments gerade eine ziemlich lange Liste zusammengetragen. Sie enthält „z.B. die Ökologisierung des Pendlerpauschales, die Senkung der Energieabgabe auf Bahnstrom, die Streichung der Eigenstromsteuer sowie die Forcierung umweltfreundlicher betrieblicher Mobilität“. Nachsatz: „Insgesamt deutet das Regierungsprogramm auf eine künftige Ausweitung des (gesamten öffentlichen) Förderungsvolumens, insbesondere im Klima-, Energie- und Verkehrsbereich hin.“

Nicht explizit angeführt ist in dieser Aufzählung das 1-2-3-Ticket, das die Benützung von Bus und Bahn attraktiver machen soll: Ersten Schätzen zufolge wird es jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Verkehrsbetreiber müssen aus dem Budget heraus entsprechend stark gefördert werden, damit sie es sich leisten können, so günstige Tickets zu verkaufen.

Hier geht es um viel Geld, dass gerade verloren geht: So günstig wie bisher angenommen bleibt die Budgetlage kaum. Die Frage ist eher, wie schlecht sie wird. Und da könnte man jetzt natürlich hinzufügen, dass gerade auch eine Krise eine Chance darstellen könnte, Ökologisierung völlig neu anzugehen. Ob da jedoch die ÖVP mitspielt, die ziemlich strukturkonservativ geblieben ist und eben schon bisher gemeint hat, dass z.B. nicht einmal eine Beseitigung des Dieselprivilegs verkraftbar ist? Sagen wir so: Es ist eher ausgeschlossen.

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