Vertrauen zurückgewonnen

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ANALYSE. Regierung und Medien stehen bei den Leuten wieder deutlich besser da als in den vergangenen (Krisen-)Jahren. Worauf das zurückzuführen sein könnte.

Eine gute Nachricht im Sinne des demokratischen Rechtsstaates: Vertrauenswerte wichtiger Institutionen, die in den vergangenen (Krise-)Jahren zum Teil stark zurückgegangen sind, haben sich wieder dem Niveau von 2019 angenähert oder liegen sogar darüber.

Was Sebastian Kurz, der hier Reformbedarf ortet, überraschen mag, ist beispielsweise, dass 79 Prozent der rund 1000 bei der jüngsten Eurobarometer-Erhebung befragten Österreicher der Justiz vertrauen. Nur 18 Prozent tun es nicht. Das sind alles in allem etwas bessere Werte als vor fünf Jahren. Zwischendurch schenkten der Justiz vorübergehend weniger als 70 Prozent ihr Vertrauen. Die jüngste Befragungswelle fand heuer im März und im April statt.

Das ist auch insofern wichtig, als da gerade die neue Regierung an den Start gegangen war. Ihr vertrauen 57 Prozent und damit deutlich mehr als ihr nicht vertrauen (40 Prozent). Im Frühjahr 2023 zum Beispiel war es ziemlich genau umgekehrt: 40 Prozent vertrauten ihr damals, 53 Prozent taten es nicht.

Mögliche Gründe: Die Koalitionsparteien ÖVP, SPÖ und Neos mögen in Umfragen nicht abheben und die FPÖ mag weit vorne bleiben, die Politik von Kanzler Christian Stocker, Vize Andreas Babler, Außenministerin Beate Meinl-Reisinger, Finanzminister Markus Marterbauer und Co. sowie die ausgeprägte Konsensorientierung scheint jedoch vertrauensbildend zu wirken.

Deutlich ist auch die Verbesserung der Werte der Medien im Allgemeinen: Ihnen haben nach 56 Prozent im Jahr 2019 in den vergangenen Jahren meist weniger als 50 Prozent vertraut. Heute handelt es sich um 61 Prozent.

Über Gründe kann auch hier nur spekuliert werden. Erstens: Beschimpfungen wie „Lügenpresse“ sind weniger häufig wahrnehmbar als etwa in der Coronapandemie. Zweitens: Pläne zur Schwächung von Medien, die im Protokoll zu den blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen dokumentiert waren, haben ebenso eher Gegenteiliges bewirkt wie die Bezeichnung des „Standard“ als „Scheißblatt“ durch Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp: Sie haben einerseits gezeigt, wie gefährdet Journalismus ist und andererseits unterstrichen, wie relevant er ist. Sie haben ihn gestärkt.

Abgesehen davon ist er trotz aller ökonomischen Zwänge und anderen Herausforderungen alles in allem vielleicht sogar besser denn je: Wochenendausgaben von „Standard“ und „Presse“ etwa enthalten heute nicht mehr ein, zwei, sondern viele ganz- und mehrseitigen Analysen und Hintergründe zu den vielschichtigen Themen der Zeit. Der „Falter“ wiederum ist längst nicht mehr nur eine Wiener Stadtzeitung, sondern ein bundespolitisch relevantes Magazin. Aufdeckungsjournalisten wie Sebastian Reinhart („News“) haben das Kartenhaus von Rene Benko zum Einsturz gebracht. Da kommt einiges zusammen, was für eine gute Entwicklung steht.

Leicht, aber doch verbessert haben sich im Übrigen auch die Vertrauenswerte von Parlament und Parteien. Auch wenn zumindest jene der Parteien (ebenfalls im Allgemeinen) „negativ“ geblieben sind: 40 Prozent vertrauen ihnen, 57 Prozent vertrauen ihnen nicht.

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