Ohne ÖVP geht’s nicht

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ANALYSE. Wien kann die Krise nicht in Opposition gegen Sebastian Kurz bewältigen. Beide sind gefordert, über ihren Schatten zu springen.

Auch wenn der Wiener Bürgermeister, SPÖ-Chef Michael Ludwig an diesem Wahlsonntag zu den Siegern gehört, wird er’s danach schwer haben. Die Stadt bekommt die Coronakrise mit all ihren Folgen und „Kollateralschäden“ ganz besonders zu spüren. Wie hier ausgeführt, ist beispielsweise die Arbeitslosigkeit außerordentlich hoch. Das ist ein Faktor, der bei der Koalitionsfrage eine Rolle spielen wird.

Und zwar eine viel wichtigere als rein parteipolitische Überlegungen. Von daher würde es durchaus auch gute Gründe geben, mit den Grünen weiterzumachen oder überhaupt mit den Neos zusammenzugehen. Nicht nur inhaltliche. Es wäre quasi auch ein Gegenmodell zum Bund bzw. zur türkis-grünen Koalition, die Sebastian Kurz und Werner Kogler eingegangen sind. Opposition könnte damit quasi auf allen Ebenen betrieben werden; es würde der Profilierung dienen.

Allein: Über alledem steht die Herausforderung, die Coronakrise zu bewältigen. Und das geht letztlich nicht ohne die Kurz-ÖVP. So groß die Abneigung auf beiden Seiten auch ist. Heißt umgekehrt: Will Kurz seiner gesamtstaatlichen Verantwortung gerecht werden, muss das „Wien-Bashing“ und dieses „Land gegen Stadt“-Auseinanderdividieren ein Ende haben. Will Ludwig die Stadt aus der Krise führen, muss er all die Vorbehalte gegenüber Türkis überwinden und einen Schritt auf Kurz zugehen.

Zugegeben: Es ist schwer vorstellbar, dass hier etwas, geschweige denn eine rot-türkise Koalition zustande kommt. Es geht hier nur darum, herauszuarbeiten, wie wichtig eine Annäherung wäre; und wie verhängnisvoll ein unerbittliches Gegeneinander ist.

Das „rote Wien“ steht für sozialpolitische Errungenschaften nach dem Ersten Weltkrieg. Herausragend: der Gemeindebau. Vieles davon war nur möglich, weil über die „Breitner-Steuern“ eine finanzielle Grundlage existierte. Die Steuern sind nach Finanzstadtrat Hugo Breitner benannt und nichts anderes als Reichensteuern: Wer sich Lustbarkeiten und Luxus, wie eine Villa mit Bediensteten leisten konnte, wurde zur Kasse gebeten.

Heute wäre Vergleichbares kaum noch möglich. Die Finanzverfassung engt den Spielraum der Länder und Gemeinden eher auf Bagatellsteuern ein. Worauf das hinaus soll: Eine SPÖ-geführte Stadt Wien braucht zur Bewältigung der Krise zumindest das Einvernehmen mit dem ÖVP-geführten Bund. Und zwar mehr als alle anderen Länder und Gemeinden, weil es ja mit größeren Herausforderungen konfrontiert ist als etwa das Burgenland und Kärnten, die einen sozialdemokratischen Landeshauptmann haben.

Es muss ja nicht einmal um die Einführung neuer Steuern gehen, die Kurz so kategorisch ablehnt. Es reicht schon, wenn er bei Förderungen und Sozialleistungen Akzente zulässt, die indirekt auch Wien zugute kommen. Anders ausgedrückt: Ein großer Teil der Arbeitslosen und der Mindestsicherungsbezieher lebt bekanntermaßen in der Bundeshauptstadt. Jede Kürzung, ja jede Nicht-Erhöhung ist daher auch dort am stärksten zu spüren, kann über einen Ausstieg aus oder einen endgültigen Absturz in die Armutsfalle entscheiden; mit allen den Problemen, die damit auch für den Wohnort einhergehen.

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