Kein Zuckerbrot, nur Peitsche

ANALYSE. Bei der Mindestsicherung nimmt eine verhängnisvolle Entwicklung ihren Lauf. Integration wird erschwert – und dann gibt man sich verwundert über die Probleme. 

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ANALYSE. Bei der Mindestsicherung nimmt eine verhängnisvolle Entwicklung ihren Lauf. Integration wird erschwert – und dann gibt man sich über Probleme verwundert. 

Wenn künftig nicht Pflichtschulabschluss in Österreich oder Deutschkenntnisse auf brauchbarem Niveau voraussetzt wird bei der Mindestsicherung, sondern beides, gibt es ein echtes Problem: Jeder vierte oder fünfte Jugendliche kann – je nach Studie – nicht sinnerfassend lesen, wobei anzunehmen ist, dass es sich nicht nur um Ausländer handelt. Sondern auch um Inländer. Doch das ist eine andere Geschichte. Sie zeigt nur, wie verhängnisvoll es werden kann, wenn sich Politik ausschließlich an Signalen orientiert.

Insgesamt geht es bei der Mindestsicherung laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) darum, Zuwanderung ins Sozialsystem zu stoppen. Womit das Verhängnis seinen Lauf nimmt: Zuwanderung, egal ob durch Flüchtlinge oder andere Menschen, ist demnach ausschließlich dadurch motiviert, österreichische Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Sieht man es so, hat es eine gewisse Logik, diese Leistungen zu kürzen.

Wäre die Regierung an einer Lösung interessiert, könnte sie z.B. die Starthilfe erhöhen und dann im Laufe der Zeit umso mehr verlangen. 

Das Problem dabei ist jedoch, dass Zuwanderer erst recht keine Chance mehr haben, zu beweisen, dass sie sehr wohl auf eigenen Beinen stehen könnten. Schon heute wird es ihnen schwer gemacht, werden Missstände geradezu provoziert. Drei Beispiele, die sich vor allem auf Flüchtlinge beziehen: 

  • Asylverfahren dauern extrem lang. In Österreich handelte es sich im vergangenen Jahr um durchschnittlich 16 Monate. In Deutschland waren es 10,7.
  • In Österreicher dürfen Asylwerber trotz der langen Verfahrensdauer de facto nicht arbeiten. In Deutschland ist ihnen das eher möglich.
  • Abgesehen davon, dass die lange Verfahrensdauer und die damit verbundene Ungewissheit alles andere als eine Motivation ist, sind Integrationsmittel zuletzt auch noch gekürt worden.

Noch einmal: Selbst wenn ein Zuwanderer wirklich willig ist, sind seine Erfolgsaussichten unter diesen Umständen eher bescheiden. Zum Nachteil aller.

Wäre die Bundesegierung an einer Problemlösung interessiert, würde sie andere Wege gehen. Zum Beispiel diesen: Nach dem Vorbild ihrer Pläne zum Arbeitslosengeld würde sie Unterstützungen wie die Mindestsicherung degressiv gestalten. Das wäre ebenfalls umstritten, könnte aber zumindest so argumentiert werden: Wir geben gleich am Anfang eine möglichst große Starthilfe und können nach einer gewissen Zeit umso mehr erwarten, dass sich die Hilfe erübrigt.

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