Grüne haben nichts zu verlieren

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ANALYSE. Eine Ablöse von Wolfgang Mückstein wäre überfällig, der Zeitpunkt ist zudem gerade auch im Hinblick auf die Pandemie günstig*.

Am Wochenende solle Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zurücktreten, Nachfolger solle Vorarlbergs Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) werden. Das berichtete die „Kronen Zeitung“ am Donnerstag. Sehr viel spricht dafür, dass das wirklich geplant ist. Die Meldung macht die Runde, sie wird nicht dementiert. Abgesehen davon ist Mückstein längst angezählt, dieSubstanz.at hat hier am 20. Februar über seine Demontage geschrieben: Der Arzt, der kein Politiker wurde, steht seit längeren neben dem Geschehen, für das er als Regierungsmitglied verantwortlich zeichnet.

Im Dezember wurde im Bundeskanzleramt die „Gecko“-Kommission eingerichtet, zuletzt bestellte das Bundeskanzleramt die vier Expertinnen und Experten, die in wenigen Tagen verkünden sollen, wie die Impfpflicht gehandhabt werden soll. In einem Ö1-Interview ging Mückstein vor zwei Wochen noch davon aus, dass es ab Mitte März Strafen setzen wird, wenige Stunden später musste er präzisieren, dass das von den Fachleuten abhängt.

Johannes Rauch ist zwar kein Arzt, mit ihm würde aber ein ausgewiesener Politiker Gesundheitsminister werden. Darauf kommt es an. In dieser Funktion geht es nicht so sehr darum, zu wissen, welche Maßnahmen insbesondere im Umgang mit der Pandemie notwendig sein könnten, sondern wie sie durchgesetzt werden – in der Koalition, gegenüber Landeshauptleuten, parlamentarisch und vor allem auch bei der Bevölkerung. Dazu muss man Stratege ebenso sein wie Kommunikator.

Mückstein war weder das eine noch das andere, Rauch hat beides viel eher drauf. Als „Juniorpartner“ führt er die Vorarlberger Grünens seit Jahren in einer Koalition mit einer dominierenden ÖVP. Er weiß, wie viel man schlucken muss. Als Pragmatiker hat er zuletzt auf seinem Blog auch bezeichnenderweise den Sideletter zum türkis-grünen Regierungsprogramm auf Bundesebene verteidigt. Untertitel: „Keine Nebenvereinbarung: „Wie naiv kann man denn sein, bitte!?“

Der Zeitpunkt für eine Rochade jetzt wäre günstig, davon abgesehen, dass die Welt und damit auch Österreich auf etwas ganz anderes blickt: Zur Pandemie sind weitere Lockerungen fixiert, die Impfpflicht dürfte zumindest ausgesetzt werden. Erfahrungsgemäß sollte sich das Infektionsgeschehen auf den Sommer hin beruhigen. Das würde den Spielraum für einen politischen Neubeginn im Umgang damit schaffen.

*Wenige Stunden nach Veröffentlichung dieses Textes bestätigte Mückstein seinen Rücktritt und Rauch, dass er nachfolgen soll.

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