Eine Art Zensur

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ANALYSE. Die Nationalbank lässt ihre Experten nicht zu Vermögenssteuern reden. Ein Beispiel dafür, wieviel politisch motiviert zerstört wird in diesem Land.

„ÖVP sucht Wege gegen das Verbrenner-Aus“, titelte ORF.AT vor wenigen Tagen zum „Runden Tisch“, den Karl Nehammer dazu veranstaltet hatte. Eine starke Formulierung, wenn man bedenkt, dass hier nicht der ÖVP-Chef zu einem Termin in der ÖVP-Zentrale eingeladen hatte, sondern der Bundeskanzler ins Kanzleramt. Es war aber eben allen klar, dass er hier Wahlkampf betreibt.

In Deutschland zum Beispiel wäre das in dieser Form schwer vorstellbar. Dort gibt es noch ein Mindestmaß an Trennung zwischen Staat und Partei. In Österreich hingegen wird das Staatsamt bisweilen hemmungslos parteipolitisch ausgeübt.

Das ist insofern besonders verwerflich, als daneben zum Beispiel die nach parteipolitischen (bzw. noch heute nachwirkenden türkis-blauen) Kriterien besetzte Nationalbankführung dafür sorgt, dass nicht weiter thematisiert werden darf, was parteipolitisch missfällt. So kann man das zusammenfassen, worüber der „Standard“ gerade berichtet hat: Zwei Ökonomen des Hauses erhielten de facto ein Auftrittsverbot. Sie dürfen bei einer Veranstaltung am 17. Juni an der Wiener WU nicht über ihre Vorstellungen zu Vermögen reden, die sie im Sozialbericht (wie hier ausgeführt) skizziert haben.

In Österreich soll über ein Aus für das Verbrenner-Aus, nicht aber über Geld geredet werden. Politik sorgt dafür. Das ist doppelt übel: Nehammer agiert bei seinem Aus für das Verbrenner-Aus rein wahlkampfmotiviert. Es ist kein Anliegen von ihm. Das wäre jedoch relevant: Was muss etwa geschehen, damit das weitgehende Verbrenner-Aus 2035 ordentlich und z.B. ohne Schwierigkeiten für den Wirtschaftsstandort über die Bühne gehen kann? Damit am Ende möglichst viele Menschen sagen, „toll, dass wir das gemacht haben“?

Umgekehrt ist es unerträglich, nicht alle Aspekte erörtern zu lassen, die mit Vermögen, deren Verteilung sowie der Besteuerung einhergehen. Im schlimmsten Fall würden beide Seiten ihre Standpunkte schärfen, die Befürworter wie die Gegner. Wobei: Das wäre nicht schlimm, sondern wichtig.

In ihrem Beitrag im Sozialbericht fordern die Ökonomen Pirmin Fessler und Martin Schürz nicht einfach nur eine Besteuerung der Bodenrente, eine Erbschaftssteuer sowie eine Steuer auf Nettovermögen ab 50 Millionen Euro, ja gleich drei neue Steuern. Sie weisen auch darauf hin, dass es neben klassischen Transferleistungen des Sozialstaates, über die gerne geredet wird, wenn es um die Schwächsten geht, auch „weniger sichtbare Transfers zu Eigentümer:innen“ gibt.

Sie sehen Entwicklungen, die ökologisch und sozial problematisch sind: „Am Land demonstrieren große Einfamilienhäuser mit ihren eingezäunten Gärten die Probleme der Bodenversiegelung und der deswegen teureren Wohnmöglichkeiten der Mieter:innen. Die Zersiedelung und der damit verbundene Mangel an kompakteren Wohnformen treiben die Mietpreise in die Höhe, da höhere Infrastrukturkosten entstehen. Vielfach schreiben sogar Verordnungen auf Gemeindeebene vor, dass nur eine oder wenige Wohneinheiten auf einer bestimmten Grundstücksgröße gebaut werden dürfen, was direkt die Zersiedelung fördert, verdichtete ökologisch sinnvollere Wohnungsangebote verhindert und damit ärmere Bevölkerungsschichten ausschließt und das Angebot an geeigneten Einheiten reduziert und verteuert.“

Und im Abschnitt, in dem Fessler und Schürz für eine Bodenrente schreiben: „Wenn der Wert der Immobilie steigt, erhöht sich die Rente. Beispielsweise wird eine neue U-Bahn-Station die Bodenrente einer nahegelegenen Eigentumswohnung erhöhen, da sie den Zugang zu öffentlichen Gütern verbessert. Der:die Eigentümer:in profitiert von dieser Wertsteigerung, auch wenn er:sie nicht direkt für die neuen Infrastrukturen bezahlt hat.“

Eine Gegenrede wäre jetzt spannend. Aber wenn man die beiden Ökonomen nicht einmal ihre Vorstellungen (noch) näher ausführen lässt, signalisiert man, dass man daran nicht interessiert ist. Man kann auch sagen: Wer Argumente von Andersdenkenden unterdrücken möchte, dem geht es fix nicht um die Sache.

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