ANALYSE. SPÖ und ÖVP kommen nicht vom Fleck, Neos und Grüne müssen aufpassen, nicht hinter die Bierpartei zurückzufallen. Ja, die Bierpartei ohne Inhalt.
Kennen Sie das: Sie wollen am kommenden Wochenende ins Grüne und suchen so lange nach einer Wetterprognose, bis Sie die gewünschte gefunden haben; der zufolge es also trocken und warm sein wird, nicht zu heiß, aber auch nicht zu kalt.
Ein bisschen geht es in der österreichischen Politik so zu: SPÖ-Chef Andreas Babler hat in einem „Kurier“-Interview gerade behauptet, dass sich seine Partei unter seiner Führung um mehrere Prozentpunkte verbessert habe. Anhänger verweisen dazu gerne auf ausgewählte Erhebungen. In der ÖVP ist es ähnlich. Seit der Rede von Karl Nehammer Ende Jänner in Wels soll die Volkspartei zugelegt haben. Aus der einen oder anderen Erhebung kann das vielleicht herausgelesen werden.
Es ist aber so wie bei der eingangs erwähnten Wetterprognose: Es bringt letzten Endes nichts, sich etwas vorzumachen. Besser als die gewünschte zu suchen ist es, auf die Qualität zu achten. Es gibt Institute, die haarsträubend arbeiten. Einen Eindruck davon erhält man, wenn man beim APA-Wahltrend filtert. Wenn man den Durchschnitt sämtlicher Ergebnisse betrachtet und dann nur jener Ergebnisse, die von Instituten stammen, die Mindeststandards im Sinne des Verbandes der Meinungsforschungsinstitute für Sonntagsfragen gerecht werden. Auch wenn sich dann herausstellt, dass das nur noch Unique Research und (bzw.) Peter Hajek tun.
Es erscheint trotzdem vernünftig, ausschließlich sie zu betrachten: Die FPÖ liegt demnach aktuell bei 30 Prozent. SPÖ und ÖVP bleiben mit 22 und 21 Prozent in der Krise. Neos und Grüne halten nur noch acht Prozent und damit gleich viel wie die Bierpartei ohne Inhalt, die allein vom Phänomen Dominik Wlazny lebt, der schon bei der Bundespräsidenten-Wahl 2022 sehr viele Neos- und Grünen-Anhänger überzeugt hat. Was ebenfalls Ausdruck einer Krise ist: Kein Inhalt bringt gleich viel Zuspruch wie bemühter.
Doch zurück zu den beiden ehemaligen Großparteien: Ihr Problem ist, dass sie sich nicht eingestehen wollen, wie schlecht sie dastehen. Es ist ein Niveau, das bei einer Wahl auch zu einem Fallbeileffekt führen kann; also dazu, dass viele Wähler in Erwartung einer Niederlage zu Hause bleiben oder irgendeiner anderen Partei ihre Stimme geben. Einen solchen Effekt hat es bei der Bundespräsidenten-Wahl 2016 in der ersten Runde gegeben. Andreas Khol, ÖVP, landete damals bei 11,1 Rudolf Hundstorfer, SPÖ, bei 11,3 Prozent.
Was tun? Panisch werden? Niederlage eingestehen? Es ist schwer zu sagen, das jedoch wäre unsinnig. In der SPÖ müssten sich vielleicht all jene mit Babler auf Klausur begeben, die ihn zum Vorsitzenden gemacht haben. Gerade auch wenn sie dies nur taten, um Hans Peter Doskozil zu verhindern. Damit gemeint ist insbesondere die Wiener SPÖ von Michael Ludwig. Jetzt heißt es, Konsequenzen daraus zu ziehen und sich mit Babler um das Bestmögliche zu bemühen.
In der ÖVP könnte Karl Nehammer endlich den unseligen Geist von Sebastian Kurz abschütteln, der ihm unter anderem durch dessen Message-Control-Berater Gerald Fleischmann erhalten geblieben ist. Er steht dafür, sich selbst ausschließlich zum Getriebenen der FPÖ zu machen und kommt etwa dadurch zum Ausdruck, dass Nehammer an Wochenende zur „Kronen Zeitung“ rennt, um sich für eine Senkung der Strafmündigkeit auf unter 14 auszusprechen, nachdem die FPÖ das zuvor offenbar schon mit erheblichem Zuspruch gefordert hat. Eigentlich würdelos. Es ist jedenfalls so schlicht und durchschaubar, das man sich nicht wundern kann, dass die ÖVP bei 21 Prozent liegt: Wer braucht diese bläuliche Kopie?
These: Nehammer mag hölzern und langweilig sein; er mag auch nicht besonders begeisterungsfähig sein und keine großen Visionen für Land und Leute haben. Wenn er jedoch einfach nur authentisch wäre, würde er mit seiner Partei weniger schlecht dastehen.