Wo die SPÖ auslässt

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ANALYSE. Bundesparteichef Babler erkennt die Notwendigkeit, Demokratie zu schützen. Eine Absage an Türkis-Blau ist dafür jedoch zu wenig.

SPÖ-Chef Andreas Babler hat die EU-Wahl im Juni und die Nationalratswahl im September zu einer „Richtungsentscheidung“ erklärt. Indirekt machte er diesbezüglich bei einem Festakt zum 150-jährigen Bestehen seiner Partei deutlich, dass es aus seiner Sicht um nichts weniger als die Demokratie geht. Sie müsse geschützt werden, erklärte er und warnte vor einer türkis-blauen Regierung mit Angriffen auf Institutionen wie Justiz und Medien.

Ob diese Warnung ausreicht? Unter Babler konzentriert sich die SPÖ auf soziale Fragen. Bei vielem anderem hält sie sich zurück oder liefert irritierende Botschaften. Weil zunächst die EU-Wahl auf dem Programm steht: In Österreich gibt es ein lautes antieuropäische Lager, das von der FPÖ und zunehmend auch von der ÖVP bedient wird, die nicht nur eine Stärkung der Union durch eine Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen ablehnt, sondern sogar eine „Refokussierung“ auf Wirtschaftsfragen fordert – also weniger EU.

Wo ist hier eine wahrnehmbare SPÖ-Position, die im Sinne eines proeuropäischen Lagers wäre? Oder: Seit Wochen behelligt die ÖVP das Land mit „Leitkultur“-Vorstößen. Bemerkenswert ist dabei nicht nur ihr Unvermögen, diese mit einem Inhalt zu versehen, der weder lächerlich noch fremdenfeindlich ist, sondern auch, dass es in größeren Teilen der Gesellschaft durchaus Interesse an einer Leitkultur zu geben scheint. So hat sich jüngst etwa das „Profil“ für eine „moderne Leitkultur“ ausgesprochen.

Das ist ein Hinweis darauf, dass es sich um ein Thema handelt, zu dem eine größere Partei einen Standpunkt haben muss. Und sei es, dass sie in deutlichen Worten feststellt, dass das ganze Leitkultur-Gerede unsinnig sei, weil es ohnehin schon das bestmögliche Fundament für eine pluralistische Gesellschaft gebe: Die Aufklärung mit allem, was aus ihr hervorgegangen ist; insbesondere die Menschenrechte.

Wo ist hier die SPÖ-Ansage, die die Erbärmlichkeit türkiser Leitkultur-Vorstöße (wie „Tradition statt Multikulti“) als solche offenbart? Es wäre wichtig, hier geht es letzten Endes um einen zentralen Punkt bei der Richtungsentscheidung 2024.

Oder, weil Babler zurecht auf die Angriffe auf Medien verweist: Diese Angriffe laufen. Stichwort Inseratenunwesen beim Bund oder in der SPÖ-geführten Stadt Wien. Oder – wie hier ausgeführt – die Offenlegung von Spitzengehältern beim ORF: Ist es zu viel verlangt von einer Partei, die Demokratie verteidigen möchte, dass sie sich hier darauf konzentriert, worum es geht, nämlich eine Beschädigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Ist es zu viel verlangt von einer solchen Partei, die Verlogenheit der Politik zu verdeutlichen, die diese Offenlegung betreibt? Offenbar ja: Sozialdemokratische Beiträge dazu hatten „Krone“-Niveau, machten also ebenfalls Stimmung gegen den ORF, wie es Ziel von Türkisen war und von Grünen ermöglicht wurde: Die sehr hohen Gehälter seien „völlig unverständlich“, meinte Mediensprecherin Muna Duzdar. Der nö. Landesparteichef Sven Hergovich äußerte sich ähnlich und forderte einen Deckel: „Niemand verarmt, wenn diese Gagen in einem ersten Schritt auf 300.000 € begrenzt werden.“

Nein, niemand verarmt mit so viel Geld. Wesentlich wäre aber eine ernstzunehmende Medienpolitik, die klarmacht, wie die vierte Gewalt gerettet werden könnte. Sonst gibt es zwar einen Gehaltsdeckel, aber keinen brauchbaren Journalismus mehr. Weder beim ORF noch sonst wo.

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