ANALYSE. Die Partei nimmt die Abberufung des ehemaligen Flüchtlingskoordinators aus dem Kuratorium der Albertina hin. Eine bemerkenswerte Botschaft an einen Teil ihrer eigenen Wählerschaft.
So ein Ausflug, der ist lustig: Mittwochvormittag saßen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), sein Vize Werner Kogler (Grüne) und all die übrigen Regierungsmitglieder fröhlich lachend in einem Bus, der sie zur Klausur nach Krems brachte. Klar: Inszenierung, Message Control! Die Bilder gingen durch alle Medien, auf einigen war in der zweiten Reihe die neue Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) zu sehen. Nicht einmal sie hatte sich etwas anmerken lassen. Die türkisen Spin-Doktoren konnten wieder einmal zufrieden sein. Die Grünen erfüllten die ihnen zugedachte Rolle bravourös.
Mit dem Wissen, das sich wenig später durch einen ZiB2-Bericht ergeben hat, muss man sich über die Szenerie im Reisebus doppelt wundern: Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hatte am Vorabend drei Kuratoriumsvorsitzende von Bundesmuseen abberufen. Per E-Mail. Es war wohl eine ihrer letzten Amtshandlungen als vorübergehend für Kulturagenden zuständiges Regierungsmitglied; am nächsten Morgen ging diese Aufgabe an Lunacek.
Zu den handstreichartig Abberufenen zählt auch Christian Konrad, seines Zeichens ehemaliger Raiffeisen-Generalanwalt und Flüchtlingskoordinator. Als solcher hatte er immer wieder gehäßige oder einfach nur symbolische Politik gegen Asylwerber kritisiert und sich damit auch türkisen Unmut eingetragen. Sagen wir, wie seine Entlassung nun rüberkommt: Die türkise Rache hat ihn gerade noch ereilt. Wiederschaun!
Und die Grünen? Laut ORF teilte ein Sprecher von Lunacek mit, dass die Aktion akkordiert, also abgesprochen war. Sagen wir, wie’s gewesen sein könnte: Die Grünen haben innerlich gekocht, wollten wegen der Sache aber keinen Baum aufstellen. Weil ja die Regierungsklausurinszenierung auf dem Programm stand und weil es dabei im Inhalt letzten Endes auch darum ging, was ihnen wirklich wichtig ist: die Ökologisierung des Steuersystems.
Letzteres haben Werner Kogler und seine Leute ihren Wählern jetzt unmissverständlich mitgeteilt: Sogar die Aktion gegen einen Mann wie Christian Konrad nehmen sie in Kauf. Das ist bemerkenswert: Konrad mag aus dem Raiffeisensektor kommen. Heute ist er aber vor allem das Gesicht eines engagierten, eines anderen als des türkis-blauen Umgangs mit Flüchtlingen. Damit hat er sich möglicherweise z.B. auch Respekt bei Wählern verschafft, die sich enttäuscht von der ÖVP ab- und den Grünen zugewendet haben.
Wie auch immer: Was hätten die Grünen nun tun können? Ihr Problem ist, dass sie nicht einmal das mit der Inszenierung heraushaben. Wie bei den Regierungsverhandlungen: Kein einziges Mal hauten sie medienwirksam auf den Tisch, um der Öffentlichkeit zumindest mitzuteilen, dass es mit der ÖVP schwierig ist, sie aber kämpfen würden wie die Löwen. Lieber überraschten sie die Öffentlichkeit am Ende mit einem Verhandlungsergebnis, bei dem man sich in Teilen fragen kann, ob sie einfach nur blind unterschrieben haben, was ihnen von Sebastian Kurz vorgelegt worden war, zumal er ihnen je versprochen hatte, dass sie sich um den Klimaschutz kümmern dürften.
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