Wie unter Rendi-Wagner

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ANALYSE. Gemessen daran, dass sie Erste werden wollen, haben die SPÖ und Babler katastrophale Werte. Woran es liegt.

Wird Herbert Kickl (FPÖ) – wie einst Sebastian Kurz (ÖVP) – rauf- und Andreas Babler (SPÖ) runtergeschrieben? Es wäre lohnenswert, das zum Beispiel im Rahmen einer Masterarbeit zu untersuchen. Fakt ist: Kickl wird inhaltlich kaum abgeklopft (wobei es vielen seiner Anhänger ohnehin egal wäre). Bei Kurz wurde allein die Ansage gefeiert, die Abgabenquote zu senken. Dass er nichts Belastbares dazu vorzulegen hatte, war egal. Bei Babler stehen Berichte, was seine Vorstellungen kosten würden, auf der Tagesordnung. Da gibt es schon gefühlte Unterschiede.

Wehleidig sollten Sozialdemokraten jedoch nicht werden. Und sie sollten derlei auch nicht als Begründung dafür heranziehen: Schaut man sich Rohdaten ordentlicher Umfragen an, stellt man fest, dass die SPÖ (mit 16 Prozent) ein halbes Jahr nach dem Vorsitzwechsel nicht besser liegt als unter Pamela Rendi-Wagner; und dass Babler in der Kanzlerfrage (mit 13 Prozent) nicht besser abschneidet als sie es getan hat.

Wobei man vorsichtig sein muss: Die Babler-SPÖ ist eine andere SPÖ als die Rendi-Wagner-SPÖ. Sie hat sich neu positioniert und damit Zuspruch verloren, aber auch gewonnen. Entscheidend ist, ob hier noch ein Prozess zustande kommt, der dazu führt, dass sie letzten Endes Richtung 30 Prozent zieht.

Die Zeit dafür wird jedoch knapp. Wenn nach einem halben Jahr noch nicht mehr erreicht ist, wird es schwierig, in einem weiteren halben Jahr Großes zu bewegen. Anfang Juni ist EU-Wahl und Tag der Entscheidung. Mit dem Ergebnis werden Stimmungen einhergehen, die sich über den Sommer bis zur Nationalratswahl im September nicht so einfach verändern lassen werden. Im Klartext: Für Babler ist es notwendig, dass die SPÖ in sechs Monaten als Gewinnerin dasteht.

Aber wie? Das erste halbe Jahr von Babler war ein durchwachsenes. Erst nach und nach entstehen Inhalte, die aber nur selten bestimmend werden. Oder redet noch jemand von der Vermögenssteuer? Bemerkenswert ist, dass Babler und seine Leute aufgrund der bestehenden Spielaufstellung nicht Anleihe bei Alexander Van der Bellen nehmen: Gegen Kickl könnte am ehesten ein weltoffenes, aber auch heimatverbundenes Österreich erfolgversprechend sein; ein zuversichtliches, entschlossenes, europäisches; ein demokratisches, rechtsstaatliches. So hat sich Van der Bellen jedenfalls gegen den einst haushohen Favoriten Norbert Hofer (FPÖ) durchgesetzt.

Steht sich Babler selbst im Weg? Möglicherweise ist er zu wenig Pragmatiker. Genossen würden ihm jedenfalls kaum noch welche im Weg stehen. Hans Peter Doskozil könnte er insofern dankbar sein, als sich dieser als Gegner anbietet und ihm dies sogar helfen würde, sich zu profilieren. Michael Ludwig wiederum hat einen Schritt zur Seite gemacht. Ein Georg Dornauer spielt keine Rolle. Freie Bahn für Babler.

Daraus könnte er gerade jetzt sogar etwas machen: Er müsste sich nicht die Wiener Kleingartenaffäre und die Tätigkeit von Alfred Gusenbauer für René Benko umhängen lassen. Er könnte eine neue Sozialdemokratie auf Bundesebene aufziehen, die darüber hinaus ist. Das wäre vielleicht sogar von existenzieller Bedeutung. Aber wenn man die Chance nicht nützt …

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