ANALYSE. In der Medienbranche wird’s üblich, sich gegenseitig niederzumachen. Letzten Endes hilft das ausschließlich der Politik.
Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein: Diese Botschaft wird Hanns Joachim Friedrichs zugeschrieben (der Deutsche war Moderator der Nachrichtensendung „Tagesthemen“ und ist 1995 verstorben). Was das heißen soll? Zum Beispiel dies: Ein politischer Journalist hat seinen eigenen Standpunkt und geht unabhängig von bestimmten Interessenvertretern an die Dinge heran. Er braucht keine Partei, um sich eine Meinung zu machen. Würde er das tun, müsste man ihn wohl eher als Fan bezeichnen. Insofern ist die Zuschreibung „Roter“, „Blauer“, „Schwarzer“, „Grüner“ oder „Türkiser“ so ziemlich die größte Beleidigung, die man einem Journalisten zufügen kann. Sie ist entweder bösartig oder stammt von jemandem, der sich gar nicht vorstellen kann, dass es möglich ist, eigenständig politisch zu sein. Soviel vorweg.
Bemerkenswert – oder besser: alarmierend – ist, dass Medienvertreter selbst zunehmend dazu übergehen, einander niederzumachen. In einem „Presse“-Leitartikel, in dem es um die jüngsten „Falter“-Berichte über eine Buchhaltung der neuen Volkspartei geht, heißt es wörtlich: „Und fest steht auch, dass der politische wie auch der publizistische Gegner in diesem Wahlkampf nichts unversucht lassen, die ÖVP des Sebastian Kurz zu Fall zu bringen.“ Sprich: Journalisten geht’s laut der Tageszeitung nicht um Geschichten, die Geschichten sind, sondern nur darum, einen wichtigen Politiker, den sie nicht mögen, zu schwächen.
Das ist ein schwerwiegender Vorwurf. Ja, es handelt sich um eine Art Kreditschädigung. Die „Presse“ unterstellt dem „Falter“ ein Motiv, das indiskutabel ist – und macht ihn damit unglaubwürdig. So ähnlich geht auch „Kurier“-Chefredakteurin Martina Salomon vor, die „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk nachsagte, „dass er „sich meist unverblümt zur SPÖ bekennt“. Was er umgehend zurückwies. Mit dem Ergebnis, dass ihm Salomon vorwarf, „höchst sensibel“ zu sein.
Doch Salomon hatte sich gerade erst selbst vorgeführt. Und zwar nach dem ORF-Sommergespräch mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner: „Ich glaube ihr kein Wort“, hatte die Blattmacherin nebenbei dazu erklärt, dass die SPÖ-Vorsitzende berichtet hatte, vor wenigen Tagen ein Cordon Bleu gegessen zu haben: „So wie sie ausschaut, wird sie sich eher nur von ein paar Salatblättchen ernähren.“
Die „Kurier“-Chefredakteurin hat sich damit zu einer parteipolitischen Akteurin gemacht. Ihr zu unterstellen, sie sei im Dienste der ÖVP unterwegs, wäre genauso indiskutabel, wie vorhin Erwähntes. Mit ihrer unsachlichen, persönlichen Abqualifizierung von Rendi-Wagner hat sie sich jedoch auf einem Niveau zur Gegnerin der Sozialdemokratin erklärt, dass ihrer journalistischen Glaubwürdigkeit genauso schadet, wie es die Angriffe auf Klenk tun sollten; beides passt allenfalls in den Fansektor.
Sie finden dieSubstanz.at gut und wichtig? Wir leben von Ihnen, unterstützen Sie uns >
Zu befürchten ist freilich, dass die Medienbranche insgesamt unter dieser Unkultur leidet. Wer davon profitiert, ist klar: Die Politik mit ihrer „Message Control“ und vor allem auch ihren eigenen Kanälen, die sie mit Hilfe von Steuergeldern über Facebook und Twitter sehr reichweitenstark betreibt. Den gegenseitigen Unterstellungen nach fungieren Journalisten nur noch als Handlanger und Multiplikatoren „ihrer“ Parteien. Sprich: Sie sind überflüssig.
3 Kommentare