Wie Rechtspopulisten Rechte stärken

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ANALYSE. … und selber riskieren unterzugehen: Aus der Arbeitspflicht für Asylwerber wird nichts. Das ist keine Überraschung. Türkise haben sie trotzdem gefordert. Jetzt verlieren sie doppelt.

Mit dem großen Echo hatten sie im äußersten Westen wohl nicht gerechnet. Anfang November des vergangenen Jahres trat ÖVP-Landesrat Christian Gantner gemeinsam mit zwei Parteifreunden vor die Presse, um quasi den Wahlkampf für die Landtagswahl im kommenden Herbst zu eröffnen. Gantner kündigte einen „Vorarlberg Kodex“ an. Asylwerbende würden diesen künftig unterschreiben, ließ er wissen, wie auf der Parteiwebsite nachzulesen ist. Und weiter: „Vorarlberg ist das einzige Bundesland, das für Asylwerbende kostenlose Deutschkurse anbietet und finanziert. (…) Im Gegenzug erwarten wir uns, dass Asylwerbende gemeinnützige Arbeit etwa bei Gemeinden oder Vereinen leisten.“ Genauer: Asylwerbende sollten „zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden können“.

Der Idee schlug ein. Die „Kronen Zeitung“ war Feuer und Flamme und machte bundesweit Werbung dafür. Endlich komme etwas in die Gänge, schrieb der Chefredakteur in der Morgenpost, einem Newsletter, und machte in der Euphorie aus dem Gantner einen Wallner: „Der vom Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner vorgestellte „Vorarlberg-Kodex“, dem sich Wallners Partei- und Landeshauptmannkollege Christopher Drexler mit seiner Sympathie für einen „Steiermark-Kodex“ anschloss, könnte sich nun doch – nach zustimmenden Wortmeldungen weiterer Landeshauptleute – zu einem „Österreich-Kodex“ auswachsen. Integrationsministerin Susanne Raab sprach sich am Montag für einen solchen aus, wonach Asylwerber zu Deutschkursen und gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden.“

Das Ganze ist verhängnisvoll: Mit dem Kodex wurde eine Erwartungshaltung geschürt. Zunächst im Kleinen, nämlich im Hinblick auf die Landtagswahl: Türkise, die ihr Geschäft nicht verstehen, glaubten, FPÖ-Wählern signalisieren zu können, dass sie eh auch streng seien gegenüber Geflüchteten. Würden sie ihr Geschäft verstehen, hätten sie zumindest auf die verpflichtende Arbeit verzichtet.

Das hätte ihnen erspart, was folgt: Das ÖVP-geführte Innenministerium hat gerade die neuen Regeln für Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerberinnen und Asylwerber vorgelegt. Eine Verpflichtung ist nicht vorgesehen.

Eine solche kann es nicht geben. Durch die europäische Aufnahmerichtlinie ist das ausgeschlossen. Indirekt, aber doch: Eine Pflicht kann nur eine Pflicht sein, wenn es für den Fall der Fälle ernstzunehmende Sanktionsmöglichkeiten gibt. Zum Beispiel: „Wenn Sie nicht arbeiten, bekommen Sie keine staatliche Unterstützung mehr oder müssen Sie 1000 Euro Strafe zahlen.“ Letzteres geht nicht, weil Asylwerber in der Regel nichts haben. Und ersteres ist nur sehr begrenzt bzw. praktisch gar nicht möglich, weil die Aufnahmerichtlinie vorschreibt, dass Asylwerbern ein angemessener Lebensunterhalt zu gewährleisten ist; und weil es Kürzungen nur unter bestimmen, expliziert angeführten Gründen geben darf, zu denen Arbeitsverweigerung nicht gehört.

Die Schlimme ist, dass sich die Türkisen mit ihrer Ankündigung selbst beschädigt haben. „Groß angekündigt war eine Arbeitspflicht für die vom Steuerzahler vollalimentierten Asylwerber und übrig blieb eine Freiwilligkeit. Also quasi eine ‚freiwillige Arbeitspflicht‘ – ein typisches Schmierentheater der ÖVP“, ätzt FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer.

Die ÖVP hat hier ein Eigentor geschossen, das als Tor für die FPÖ gewertet werden muss. Gantner und Co. haben eigene Anhänger enttäuscht, denen diese Töne von vornherein zuwider waren, und sie haben jetzt auch noch Wähler ganz verloren, die sie den Freiheitlichen abnehmen wollten. Insofern sind sie zweifache Verlierer. Es ist ein Beispiel dafür, wie Rechtspopulisten Rechte stärken und selbst riskieren unterzugehen.

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