Was wird aus den Grünen?

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ANALYSE. Die Partei von Werner Kogler bricht vor allem auch in den Städten weg. Damit verliert sie eine entscheidende Grundlage.

Es gibt eine Partei, die prozentuell (nicht in Prozentpunkten) stärker verloren hat als die ÖVP bei der jüngsten Nationalratswahl. Das sind die Grünen, deren Stimmenanteil um mehr als ein Drittel von 13 auf acht Prozent eingebrochen ist.

Besonders deutlich wird das – bei höherem Ausgangsniveau – in den Städten. Graz: von 27 auf 16 Prozent. Innsbruck: von 25 auf 15 Prozent, Salzburg: von 20 auf 15 Prozent, Wien: von 21 auf zwölf Prozent. Wien, die Stadt, in der die Partei von Vizekanzler Werner Kogler vor fünf Jahren eine relative Mehrheit in zehn von 23 Bezirken erobert hat. Mit bis zu 37,5 Prozent. In Neubau war das. Jetzt landete sie hier bei 22,1 Prozent.

Natürlich: Wie Kogler am Wahlabend kann man sagen, dass 2019 eine Ausnahmewahl gewesen sei. Das ist korrekt. Es ist jedoch nur ein Bruchteil der ganzen Geschichte. Grüne mögen weiterhin im Nationalrat vertreten sein, im Unterschied zu 2017 also nicht hinausgeflogen sein. 2017 waren sie abgesehen davon jedoch Teil der Landesregierungen von Wien, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Oberösterreich. Bald könnte davon nur noch die Beteiligung in der oberösterreichischen Proporzregierung übrig sein. Die Zwischendurch-Führung von Innsbruck (Bürgermeister) ist ebenso weg wie es die Regierungsbeteiligung auf Bundesebene in ein paar Wochen oder Monaten sein wird.

Das sind lauter Bühnen und Möglichkeiten (gewesen), sichtbar tätig zu sein. Gerade auf kommunaler Ebene ist das wichtig. Sonst wird man eher nicht wahrgenommen. Bestes Beispiel: Der Bekanntheitsgrad der seit längerem amtierenden Grünen-Führung in der Bundeshauptstadt ist gefühlt niedriger als der ihrer letzten Vizebürgermeisterinnen (Maria Vassilakou und schließlich Birgit Hebein). Bei einer Erhebung zu einer fiktiven Bürgermeister:innen-Wahl in der Bundeshauptstadt durch das Institut „Unique Research“ entfiel im vergangenen Herbst ein Prozent der Nennungen auf Judith Pühringer, die als Spitzenkandidatin angegeben war. Ein Prozent.

Klimakrise, Hochwasserkatastrophe – und die Grünen nur im erwähnten Ausmaß gefragt? Vorsicht: Es gibt selten nur ein wahlentscheidendes Thema. Diesmal spielten viele Krisen und Affären eine Rolle. Andreas Babler dürfte mit Sozialem und seinen Ansätzen dazu Grünen-Wähler überzeugt haben. Es sind jedenfalls viele zur SPÖ gewandert. Außerdem bot er sich als Vertreter der größeren Partei vielleicht eher als Anti-Kickl an als Werner Kogler.

Es ist jedoch viel mehr: Lange Zeit haben sich die Grünen als Teil der Bundesregierung umfragemäßig passabel gehalten. Eher über zehn Prozent. Dinge wie der „Side letter“ mit Postenschacher dürften ihnen jedoch geschadet haben. Es wog schwerer als das Klimaticket und derlei, zumal Dankbarkeit keine wahlentscheidende Kategorie ist.

Rückblickend am verhängnisvollsten könnte jedoch die Entscheidung gewesen sein, die Nichteuropapolitikerin Lena Schilling in Zeiten wie diesen in die Europawahl zu schicken und mehr noch der Umgang von Kogler und Co. mit den bekannten Vorwürfen gegen sie. Stichwort „Anonymes Gefurze“. Das war eine Abdankung.

Jetzt werden sich die Grünen neu aufstellen müssen. Mit weniger Message Control und coolen PR-Kampagnen vielleicht, damit auch abseits von Kogler, Leonore Gewessler und Sigrid Maurer ein paar Leute sichtbar werden. Gefordert sein wird jedenfalls eine Doppelrolle: Einerseits Opposition, andererseits Klimapolitik. Wobei: Beides bietet erhebliche Chancen.

Im Übrigen könnten sie hoffen, dass die SPÖ ihren eigenen Vorsitzenden Andreas Babler weiter reizt, bis er hinschmeißt und dann ein Pragmatiker übernimmt. Dann könnten Wähler wieder zu ihnen zurückkehren. Aber das haben sie nicht in der Hand.

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