Was macht eigentlich Sebastian Kurz?

ANALYSE. Der designierte ÖVP-Chef konzentriert sich auf den bevorstehenden Wahlkampf. Das wird seiner Aufgabe jedoch nicht gerecht. 

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ANALYSE. Der designierte ÖVP-Chef konzentriert sich auf den bevorstehenden Wahlkampf. Das wird seiner Aufgabe jedoch nicht gerecht.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) kann einem leid tun: Nach dem Rücktritt von Reinhold Mitterlehner hat er dessen Funktion übernommen und ist Vizekanzler. Als solcher wird er vom Koalitionspartner jedoch nicht wirklich akzeptiert. Und die Partei, die er vertritt, wird von einem anderen geführt. Sebastian Kurz nämlich. Da könnte er genauso viel Wirkung entfalten, wenn er sich mit seinen Vorstellungen ans Christkind wenden würde. Zum Beispiel mit jener, noch schnell einen Kassasturz durchzuführen. Auf politische Ebene ist das nicht einmal ignoriert worden.

Regierungsarbeit kann so natürlich nicht funktionieren. Das ist zum einen der SPÖ zuzuschreiben, zum anderen aber auch Sebastian Kurz. Der Mann müsste zumindest bis zum offiziellen Wahlkampfstart die volle Verantwortung als designierter Chef der ÖVP – und damit noch immer auch einer Regierungspartei – übernehmen. Zwei, drei Monate wären schließlich nach wie vor zu überbrücken; und das ist nicht nichts.

Aus rein strategischen Gründen ist es ja nachvollziehbar, dass sich Kurz so sehr zurückhält. Dass er sich kritischen Fragen abseits des Boulevards, etwa in der ZiB 2 oder in der Pressestunde, entzieht. Dass er allenfalls Spannung erzeugt, indem er ankündigt, was er im September präsentieren werde. Seinen Plan für Wirtschaftsstandort, Sozialpolitik und Zuwanderung nämlich. All das hält seine Siegeschancen aufrecht, wenn es sie nicht gar noch vergrößert, findet die „Kronenzeitung“ doch bereits das Wenige „schlau“, wie sie am vergangenen Wochenende titelte.

Kurz ist dabei, Kern in einem Punkt zu übertrumpfen: bei den 95 Prozent Inszenierung. 

Demokratiepolitisch ist das jedoch problematisch: Es kann nicht nur um die Erfolgsaussichten eines 30-Jährigen gehen. Es geht um viel mehr: Kurz hätte einer tragende Rolle weit darüber hinaus gerecht zu werden. Und es wäre auch im Sinne der Meinungsbildung zur Nationalratswahl notwendig, dass er sich der offenen Auseinandersetzung stellt. Sonst läuft er Gefahr, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in einem Punkt gar noch zu übertrumpfen: bei den 95 Prozent Inszenierung.

Wie sehr Kurz bereits heute gefordert wäre, sieht man zum Beispiel bei der Bildungsreform. Mehr denn je sollte da jetzt halt einer in der ÖVP sagen, wo’s lang geht. Immerhin wollten (wie berichtet) mehrere von der Partei geführte Länder Modellregionen zur Gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen; und immerhin wäre das etwa auch im Interesse der ziemlich bürgerlichen Wirtschaftskammer. Also müsste Kurz jetzt eine Klarstellung treffen: Wird das gemacht? Oder darf sich der ÖAAB, der ihn zu seinen Vorstandsmitgliedern zählt, mit seinem Widerstand dagegen durchsetzen? Oder gibt es vielleicht einen dritten Weg? Was weiß man. Nichts.

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