Was die FPÖ so hemmungslos macht

ANALYSE. Eine ebenfalls ziemlich populistische Volkspartei fordert die Freiheitlichen in besonderer Weise heraus.

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ANALYSE. Eine ebenfalls ziemlich populistische Volkspartei fordert die Freiheitlichen in besonderer Weise heraus.

Dass die Wochenzeitung „Zur Zeit“ die Ehre bekommt, von der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller in einem Parlamentsgebäude ausgezeichnet zu werden, ist wohl kein Zufall*. Kitzmüller gehört der FPÖ an und das Blatt ist schwer rechts. Das passt zusammen, das macht sich bemerkbar. „Der Standard“ zitiert aus einem Bericht der letzten Ausgabe, wonach „Waffenbesitz von Unbescholtenen“ erleichtert, eine Beweislastumkehr für Berufsverbrecher eingeführt und „Asylanten“ jegliche Integration verweigert werden soll. Wie einem Text des „Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes“ (DÖW) zu entnehmen ist, ging es „Zur Zeit“ schon einmal ähnlich gut: Von „Steuergeld für Vorfeldorgan des Rechtsextremismus“ wusste das DÖW 2001 zu berichten – damals herrschte Schwarz-Blau I.

Die Freiheitlichen sind wieder wer und mit ihnen auch alle, die sich in ihrem Umfeld befinden. Anders als vor 20 Jahren bringen sie das aber schier hemmungslos zum Ausdruck: Nach rechts gibt es kaum noch eine Zurückhaltung. Und auch darüber hinaus nicht. Die bilateralen Verhältnisse mit Italien im hochsensiblen Umgang mit Südtirol stören und um jeden Preis eine Doppelstaatsbürgerschaft durchsetzen wollen? Gerne. Den EU-Kommissionspräsidenten als Trunkenbold darstellen? Kein Problem. Österreich vom Westen in eine autoritäre, ungarische Ecke rücken? Jederzeit. Europa ohne Grenzen de facto aufgeben? Inkludiert.

Wie ist diese Hemmungslosigkeit erklärbar? Die Antworten darauf sind zahlreich. Zum Beispiel: 

  • Die FPÖ 2018 ist eine andere als 2000 und folgende. Heute haben, wie Hans-Hennig Scharsach in seinem Buch „Stille Machtergreifung“ skizziert, Burschenschafter das Sagen, die nicht nur Mehrheiten anstreben, sondern auch ganz bestimmte Veränderungen durchsetzen wollen, die ihren Gesinnungen entsprechen.
  • Als Regierungspartei ist die FPÖ nicht mehr diesem Außendruck ausgesetzt, der über die EU-Sanktionen bestand: Sie kann darauf verzichten, zu beweisen, dass sie weder extrem weit rechts steht noch demokratie- oder europafeindlich ist.
  • Die FPÖ hat mit der „Neuen ÖVP“ einen etwas anderen Koalitionspartner, einen großzügigeren, wenn man so will: Weil „nicht streiten“ so ziemlich das Wichtigste im Regierungsalltag ist, hat sie die Freiheit, zu tun und zu lassen, was ihr gefällt.
  • Wichtiger noch an dieser „Neuen ÖVP“ ist, dass sie selbst nach rechts gerückt und auch sehr populistisch geworden ist: Grenzkontrollen mitten in Europa sind auch ihr ein Anliegen. Die Gleichbehandlung aller EU-Bürger ist auch für sie relativ geworden, siehe Indexierung der Familienbeihilfe. Von Pensionsreformen, die bitter nötig sind, aber halt nicht unbedingt im Sinne einer Wählermehrheit sind, will sie wiederum nichts wissen. Und so weiter und so fort.
  • Die FPÖ zwingt das geradezu, noch weiter nach rechts zu rücken und noch populistischer zu werden, will sie wie in den 2000er Jahren nicht wieder zugunsten der ÖVP abstürzen, sondern zumindest einen größeren Teil ihrer Anhänger behalten.

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* Die Preisverleihung wurde von der Dritten Nationalratspräsidentin zwischenzeitilch in einer kurzen Aussendung abgesagt. 

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