Von wegen Türkis-Grün-Pink und so

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ANALYSE. Die Neos haben stark zugelegt. Jetzt sind sie aber noch weniger relevant für Mehrheiten im Nationalrat. Das verdeutlicht ihr Drama.

Wer A sagt, müsse auch B sagen: Wer die Freiheitlichen aus der Regierung haben wolle, müsse bereit sein, sie ebendort zu ersetzen bzw. Juniorpartner der Sebastian-Kurz-ÖVP zu werden. Diese Message ist im Wahlkampf von keiner anderen Partei so deutlich verbreitet worden wie von den Neos. Und ÖVP-Wählern wären sie als Koalitionspartner laut SORA-Wahltagsbefragung sogar lieber als die Freiheitlichen, geschweige denn die Grünen oder gar die Sozialdemokraten. Es geht sich jedoch nicht aus: Türkis-Pink hat keine Mehrheit. Ja, es ist noch viel schlimmer für die Neos.

Als nach der Nationalratswahl 2017 Türkis-Blau im Werden war, sah der damalige Neos-Chef Matthias Strolz für sich und seine Mitstreiter zumindest eine wichtige Rolle. Und zwar die, Zweidrittelmehrheiten im Nationalrat zu ermöglichen. Dafür brauchten ÖVP und FPÖ eine weitere Fraktion – und die Neos hätten sich dafür angeboten. Unter der Voraussetzung freilich, auch inhaltlich Einfluss nehmen zu können. Allein: Türkis-Blau beschränkte sich lieber darauf, zu machen, was einfachgesetzlich möglich ist.

Bei der Nationalratswahl 2019 haben sich die Mehrheitsverhältnisse zum Nachteil der Neos verändert. Sie selbst haben stark zugelegt (von zehn auf 15 Mandate). Weder zusätzlich zu Türkis-Blau noch zusätzlich zu Türkis-Grün würde das jedoch für eine Zweidrittelmehrheit genügen; es wäre in Summe zu wenig.

Das steht im Übrigen auch Vorstellungen im Weg, Sebastian Kurz könnte nun eine Zusammenarbeit mit Grünen und Neos anpeilen, um zum Beispiel nicht zu weit nach links kippen zu müssen. Die Neos sollten demnach quasi einen Ausgleich zu den Grünen bilden. Das mag etwas für sich haben. Was den Neos dazu fehlt, ist jedoch das entscheidende Gewicht: Sie könnten nichts verhindern und auch nichts ermöglichen. Die einfache Mehrheit hätten ÖVP und Grüne allein, die Zweidrittelmehrheit hätten sie auch mit den Pinken nicht. Anders ausgedrückt: Die Zusammenarbeit mit den Neos wäre in einer solchen Dreierkoalition letzten Endes immer auf Wohlwollen angelegt; doch das ist in der politischen Realität keine Kategorie (mehr).

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Für die Neos ist das eine harte Nuss: Sie selbst und wohl auch viele ihrer Wähler wollen Regierungsverantwortung (für sie); sie sind keine Protest-, sondern eine Partei, die gestalten möchte. Wählerstromanalysen lassen auch darauf schließen, dass sie bürgerliche Anhänger haben, die wollen, dass sie die ÖVP z.B. auf eine weniger rechtspopulistische Spur bringen. Doch das führt zu einer ganz anderen Herausforderung: Wie soll man diese Leute bei Laune halten, wenn man unmittelbar keinen Einfluss auf die ÖVP nehmen kann?

Auf Dauer ist es schwer, immer nur „vernünftige Alternativen“ zu präsentieren. Irgendwann könnte es heißen: „Nett, aber …“ Nicht ganz einfach ist auch eine konstruktive Oppositionsrolle: Eine solche setzt voraus, dass es Regierungsparteien gibt, die diese zulassen; und das hat es in Österreich schon lange nicht mehr gegeben. Andererseits: Immerhin haben es die Neos in den vergangenen zwei Jahren geschafft, als führende Oppositionspartei wahrgenommen zu werden. Und im Übrigen sind die heutigen Mehrheitsverhältnisse nicht in Stein gemeißelt. Irgendwann werden sie sich ändern – es ist nur so, dass die Mühen der Ebene für die Neos nach dieser Wahl eher länger und härter werden.

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