ANALYSE. Wenn die SPÖ auf Platz 2 kommt, will sie in Opposition gehen. Und das ist gut so: Sie ist dann ohnehin nicht mehr regierungsfähig. Außerdem ermöglicht es für den 15. Oktober eine sehr klare Fragestellung.
ÖVP-Chef Sebastian Kurz muss nicht mehr lange nachdenken: Gewinnt er die Wahl, sind die Optionen, die er danach hat, begrenzt. Eigentlich kann er sich nur auf Schwarz-Blau oder eine Minderheitsregierung einlassen. Kanzler Christian Kern hat im ORF-Sommergespräch angekündigt, dass er als Zweiter die SPÖ auf die Oppositionsbank führen wolle. Womit Kurz einen möglichen Koalitionspartner weniger hat. Und ansonsten aufgrund der Mehrheitsverhältnisse unter Umständen nur Konstrukte wie Schwarz-Grün-Pink gingen, was aufgrund der unterschiedlichen Zugänge zu diversen Fragen vieles, nur keine Politik aus einem Guss ergeben würde. Siehe Homo-Ehe, Migration, Gemeinsame Schule, Klimaschutz, Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern, Religionsunterricht und vieles andere mehr.
Was die SPÖ betrifft, so muss der Kanzler im Fall des Falles freilich nur noch (erstens) Wort halten (und zweitens) können. Verliert er mit Bomben und Granaten, wird er möglicherweise abgelöst. Und die Sozialdemokratie wird dann nicht einfach z.B. von Hans Peter Doskozil übernommen werden, sondern eher in eine existenzielle Krise stürzen: Siehe Wien, wo es Bürgermeister Michael Häupl aufgrund der Flügelkämpfe nicht einmal schafft, seine eigene Nachfolge zu regeln. Da würde Doskozil die Spaltung gar noch beschleunigen. Und die Wiener SPÖ ist nicht nichts; sie ein letzter größerer Teil der Sozialdemokratie.
Soll zusammengefasst heißen: Mit einer solchen SPÖ ist keine Regierung zu machen.
Soll zusammengefasst heißen: Mit einer solchen Partei ist keine Regierung zu machen. Das müssen alle Bürgerlichen wissen, die glauben, sie könnten das Ruder mit Hilfe einer geschwächten SPÖ als Juniorpartnerin übernehmen: Das. Wird. Nicht. Hinhauen. Ganz zu schweigen davon, dass sich die inhaltlichen Differenzen, die Österreich seit Jahrzehnten lähmen, nicht in Luft auflösen würden; im besten Fall würde es nicht viel mehr als eine X-te Neuauflage der „Großen Koalition“ geben. Und eine solche will Kurz ja selbst nicht.
So gesehen muss man dem Kanzler dankbar sein, dass er indirekt schon heute klargestellt hat, dass das auch für ihn nicht in Frage kommt. Der SPÖ würde die Oppositionsrolle immerhin eine Gelegenheit geben, zu versuchen, sich neu zu konstituieren. Nötig hätte sie es. Weiß sie doch nicht nur nicht mehr, wofür sie steht, sondern ist sie organisatorisch über weite Teile Österreichs auch kaum noch existent.
Der erste Teil des ÖVP-Wahlprogramms und das freiheitliche Wirtschaftsprogramm sind, um es vorsichtig auszudrücken, miteinander verwandt.
Bleiben Kurz also Schwarz-Blau oder eine Minderheitsregierung. Schlecht? Nicht unbedingt: Der erste Teil des ÖVP-Wahlprogramms und das freiheitliche Wirtschaftsprogramm sind, um es vorsichtig auszudrücken, miteinander verwandt. In der Flüchtlings- und Integrationspolitik sowie in der Sicherheitspolitik gibt es auch kaum Unterschiede. Summa summarum würde es also einen ziemlich klaren Regierungskurs geben.
Wobei man nicht vergessen darf, dass sich all das jetzt, fünfeinhalb Wochen vor dem Urnengang, herauskristallisiert. Und das ermöglicht Österreich endlich einen unmissverständlichen Lagerwahlkampf. Motto: Soll Kurz seine Pläne mit Hilfe der Freiheitlichen zur Gänze umsetzen oder nicht? Gehen tut das jedenfalls nur mit ihnen.
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