ANALYSE. Bundespräsidenten-Wahlen: Mit ihrer Wortwahl stellen sich Strache und Hofer mehr denn je gegen den Rest der Republik. Ob das für eine Mehrheit reichen kann, ist fraglich.
Das System unternimmt alles, um ein freiheitliches Staatsoberhaupt zu verhindern: Das jedenfalls ist die Botschaft, die Parteichef Heinz-Christian Strache und Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer mehr denn je vermitteln. Ihr Problem: Sie stellen sich gegen den Rest der Republik; und ob das für eine Mehrheit reichen kann, ist fraglich.
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl begann seine Parteifreunde schon am Vorabend der Bundespräsidenten-Stichwahl vom 23. Mai darauf vorzubereiten, dass sich nicht Hofer, sondern der ehemalige Grünen-Sprecher Alexander Van der Bellen durchsetzen könnte. Die „Helfershelfer des gegenwärtigen Politsystems“ könnten die vielen Wahlkarten dazu nützen, „dem Wählerwillen zugunsten des Systemrepräsentanten Van der Bellen ,nachzuhelfen’“, so Kickl.
Die Freiheitlichen in der Opferrolle – das kennt man. Damit spielen sie ganz bewusst, um ihre Anhänger zu mobilisieren und natürlich auch weitere zu gewinnen. Nebenbei „hilft“ es, zu verhindern, dass man Wahlniederlagen als solche eingestehen muss; im Zweifelsfall ist einem der Sieg schließlich „nur“ genommen worden.
Die jüngste Version lautet: Das System will keine Entscheidung um das höchste Amt im Staat zulassen; daher auch die Verschiebung der Stichwahl. Genau das sagte Heinz-Christian Strache am Wochenende auf sozialen Medien: SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS hätten sich bereits auf eine Verschiebung der Wahl verständigt – „und wir wissen gar nicht, wann – und mittlerweile – ob sie überhaupt stattfindet“.
„Je mehr ihr mich bekämpft, umso stärker werde ich“, ließ Hofer wenig später zwar wissen, bekräftigte damit aber ebenfalls: Alle anderen seien gegen ihn.
Zur Opferrolle passt es auch, dass sich die Freiheitlichen nun zieren, an den nötigen Gesetzesänderungen für eine Stichwahl Ende November, Anfang Dezember mitzuwirken. Damit würden sie Mitverantwortung übernehmen – und könnten sich nicht mehr dagegen stellen.
Die Sache ist verhängnisvoll für die Freiheitlichen. Zunächst unterstellen sie, dass Österreich kein demokratischer Rechtsstaat ist.
Wie auch immer: Die Sache ist verhängnisvoll für die Freiheitlichen. Zunächst unterstellen sie, dass Österreich kein demokratischer Rechtsstaat ist. Nur ein autoritäres Regime ist schließlich ernsthaft in der Lage, Wahlen zu manipulieren. Und diese Unterstellung ist schon ganz grundsätzlich nicht haltbar: Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Stichwahl vom Mai, die er untersucht hat, keinerlei Anhaltspunkte für Manipulationen gefunden; er hat vielmehr nur festgestellt, dass Manipulationen möglich gewesen wären. In der Regel hätten dabei allerdings auch freiheitliche Wahlbeisitzer mitspielen müssen.
Abgesehen davon ist es für Strache, Hofer und Co. auch in ihrem eigenen Interesse riskant, die Opferrolle so sehr zu strapazieren: Bei einer Bundespräsidenten-Wahl gewinnt, wer 50 Prozent plus eine Stimme erringt. Davon jedoch entfernt sich Hofer, wenn er sich mit Manipulationswürfen nicht nur gegen Rote und Schwarze, sondern auch Grüne und Pinke stellt. Anders ausgedrückt: Aussicht auf Erfolg hätte er nur, wenn sich die Freiheitlichen in Umfragen der 50 Prozent-Marke nähern würden; und so weit sind sie bei weitem nicht.