Türkiser Schutzengel

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BERICHT. In Niederösterreich hat sich durch die Landtagswahl nicht viel geändert. Die Landeshauptfrau inszeniert sich über eine eigentümliche Konstruktion. Und der ORF spielt mit.

„Mit Schulbeginn am 4. September sind in Niederösterreich 19.000 Taferlklassler erstmals auf ihrem Schulweg unterwegs. Das Sicherheitsforum Niederösterreich und das Land bitten Autolenkerinnen und Autolenker, besonders rücksichtsvoll zu fahren“, berichtet ORF Niederösterreich zur „Aktion Schutzengel“, die heuer zum 24. Mal durchgeführt wird. Genauer: Gelbe Schutzengel würden von Plakaten vor allen 625 Volksschulen und 1063 Kindergärten leuchten. Die Initiative stehe „unter der Schirmherrschaft von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)“.

Klingt gut. Und in der Sache geht es ja auch um etwas Gutes. Bloß: Mit dem Land hat das Ganze nicht viel zu tun. Ein Blick auf die Website der Aktion zeigt: „Es handelt sich um eine Initiative von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.“ Wie es vor ihrer Zeit im Übrigen eine solche von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll war. Als wäre sie zufällig auf dieselbe Idee gekommen und habe dann zufälligerweise ebenfalls das Sicherheitsform Niederösterreich gebeten, sich darum zu kümmern. Durch den Begriff „Initiative“ wird dieser Eindruck jedenfalls vermittelt. Aber das ist jetzt nebensächlich.

Der Punkt ist: Dieses Sicherheitsforum ist kein Teil des Landes. Es handelt sich um einen Verein, der auf seiner Website nicht viel mehr als die Aktion Schutzengel vorzuweisen hat, und der in Sichtweite der niederösterreichischen ÖVP-Zentrale angesiedelt ist: Als sich das Addendum-Magazin vor einigen Jahren vor Ort umgeschaut hat, entdeckte es neben der St. Pöltner Ferstlergasse 4 (ÖVP-Zentrale) bei der Hausnummer 8, dass sich das Sicherheitsforum damals ein Postfach teilte; unter anderem mit der Kinderwelt Niederösterreich und dem NÖ Betriebssportverband, „beide geführt von ÖVP-Politikern“ – sowie dem Alois-Mock-Institut, einer Initiative von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) mit bekannter Geschichte.

Die eigentümliche Konstruktion hat für die Landeshauptfrau einen attraktiven Nebeneffekt: Sie unterliegt hier nicht dem sogenannten „Kopfverbot“ gemäß Medien-Transparenzgesetz, wie es bei einer Landesaktion der Fall wäre. Das würde bedeuten, dass sie in der begleitenden Werbung nicht so prominent auftreten dürfte.

Hintergedanke beim „Kopfverbot“: Regierungspolitiker haben sich nicht auf Kosten der Steuerzahler als Wohltäter zu inszenieren. Wobei es vollkommen belanglos ist, ob es sich um eine gute Sache handelt oder nicht – es geht um den Beigeschmack, der etwas feudal-gönnerhaftes hat.

Bezeichnend: Der niederösterreichische Landespressedienst berichtet nur sporadisch über die Nicht-Landes-Aktion Schutzengel. Das zeigt eine Archiv-Suche: Seit mehreren Jahren wird die Aktion beiläufig erwähnt, wenn zum Beispiel in einem anderen Zusammenhang darauf verwiesen wird von einem Landesrat. Zum letzten Mal unmittelbar zum Schulstart darüber berichtet wurde im September 2014 – unter Mikl-Leitner-Vorgänger Erwin Pröll.

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