#Trump Zehn Lehren für Österreich

ANALYSE. Der Niedergang des Politischen muss gestoppt werden. Wobei alle in der Pflicht sind. Auch die Bürger. 

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ANALYSE. Der Niedergang des Politischen muss gestoppt werden. Wobei alle in der Pflicht sind. Auch die Bürger.

Donald Trump wird US-Präsident. Die Welt ist überrascht. Auch die österreichische. Sie sollte sich allerdings bald darauf besinnen, dafür zu sorgen, dass ihr ähnliche Entwicklungen erspart bleiben. Zumindest zehn Lehren gibt’s aus dieser Wahlentscheidungen für die Alpenrepublik:

1. Jeder kann gewinnen. Es gibt eine Krise des Politischen, die auch eine Krise der Parteien und der Politiker ist. Das macht es Quereinsteigern, die als Antithese zu diesen auftreten, erst möglich, erfolgreich sein. Auch in Österreich: Wäre Frank Stronach 2013 nicht über sein eigenes Unvermögen gestolpert, hätte er einen wesentlich höheren Stimmenanteil erzielen können. Bei der Bundespräsidentschaftswahl stehen im Übrigen erstmals nicht Vertreter der einstigen Großparteien in der Entscheidungsrunde, sondern vermeintliche Außenseiter.

2. Politik zerstört sich selbst. Die Krise des Politischen ist zu einem guten Teil auf Parteien und Politiker selbst zurückzuführen. Wer es etwa nicht mehr versteht, eine Debattenkultur zu pflegen, sondern vielmehr auf NLP- und andere unlautere Methoden inkl. allerlei Unwahrheiten ausweicht, beschädigt damit einen der wesentlichen Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie.

3. Auch Institutionen werden beschädigt. Der Schaden wird vergrößert, wenn selbstverständliche Dinge nicht mehr selbstverständlich sind. Wenn man etwa nicht einmal mehr darauf vertrauen kann, dass Wahlen ordentlich durchgeführt werden. Wobei die FPÖ hierzulande eine besonders fragwürdige Rolle spielt: Sie wusste schon vor der vermeintlichen BP-Stichwahl Ende Mai, dass es Missstände bei Wahlkarten gibt; vor den Verfassungsgerichtshof ist sie erst gezogen, nachdem sie verlor.

4. Bürger werden verunsichert. Wachsende Bevölkerungsgruppen haben das Gefühl, dass ihre Welt aus den Fugen gerät. Zum Teil begründet. Stichwort Flüchtlingskrise, Stichwort Rekordarbeitslosigkeit. Vor allem rechtspopulistische Politik vergrößert diese Verunsicherung.

5. Regierende tragen Verantwortung. Aufgabe von Regierungspolitikern ist es nicht, mit Notstandsgerede und allerlei anderem diese Verunsicherung ebenfalls auszuweiten, sondern Probleme zu lösen. Unterlassen sie das, erübrigen sie sich selbst und bestätigen nebenbei nur Rechtspopulisten.

6. Parteien müssen liefern. Neue Probleme erfordern neue Lösungen. Gerade SPÖ und ÖVP sind diesbezüglich heillos überfordert. Nicht nur miteinander: Wenn etwa ein Drittel der Arbeitnehmer nur noch atypisch beschäftigt ist; wenn der Stress zunimmt, es aber notwendig ist, dass alle länger arbeiten; wenn Flüchtlingsströme die bestehenden Systeme zusätzlich belasten – dann ist es überfällig, wie bei der Pension- oder der Mindestsicherung nicht mehr nur an Bestehendem ein bisschen herumzudoktern, sondern über neue Konzepte nachzudenken.

7. Mehr Klarheit ist nötig. In der politischen Auseinandersetzung muss ein Zahn zugelegt werden. Und zwar dahingehend, dass von allen Beteiligten stärker darauf eingegangen wird, was Sache ist und wer welche Rolle spielt. Wobei nicht nur Parteien und Politiker in der Pflicht stehen.

8. Auch Bürger sind gefordert. Ja es gibt eine Bürgerpflicht: Politik ist nicht nur Unterhaltungsprogramm, sie lebt vor allem von Beteiligung, die über Wahlen hinausreicht. Sich informieren, Dinge hinterfragen und Maßnahmen einfordern gehören zumindest dazu. Auf sozialen Medien eine gewisse Zivilisiertheit an den Tag zu legen ebenfalls.

9. Medien müssen noch sträker hinschauen. Medien müssen mehr liefern als eine Berichterstattung vom Schlachtfeld der Großen Koalition. Sie müssen Hintergründe und Zusammenhänge ebenso noch viel stärker aufzeigen, wie sie gesellschaftliche Entwicklungen wahrnehmen müssen, die sich abseits der politischen Agenda abspielen.

10. Meinungsforscher müssen aufhören, (mit Medien) Politik zu machen. Die Umfragen sind bei den US-Wahlen wieder einmal daneben gelegen. Wie schon bei den Präsidentschaftswahlen, den Wien-Wahlen und so weiter und so fort. Was nachvollziehbar ist: Wenn es kaum noch Stammwähler gibt und das Wahlverhalten immer mehr von Launen und Emotionen getrieben ist, ist es schwer, ein Stimmungsbild abzuliefern. Gemeinsam mit Medien müssen sich Meinungsforscher daher fragen: Ist es lauter, noch so zu tun, als ob dies möglich wäre? Anders ausgedrückt: Wäre Donald Trump schon in den Umfragen vorne gelegen, hätte er die Wahl auch dann gewonnen oder hätte das nicht viel eher seine Gegner viel stärker mobilisiert?

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