Strache hebelt Neutralität ganz aus

ANALYSE. Parteinahme auf dem Balkan und auf der Krim widerspricht dem österreichischen Status, der auch vom Vizekanzler immer wieder eingefordert wird.

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ANALYSE. Parteinahme auf dem Balkan und auf der Krim widerspricht dem österreichischen Status, der auch vom Vizekanzler immer wieder eingefordert wird.

Wenn’s um die Neutralität geht, ist mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nicht zu spaßen. Wie kaum ein anderer Politiker bekennt er sich dazu. Was ihn jedoch nicht davon abhält, wie kaum ein anderer in konkreten Fragen dagegen zu arbeiten.

Mit der Neutralität ist es ja so: Sie reicht weit darüber hinaus, dass Österreich keinen militärischen Bündnissen beitreten und auch keine Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiet zulassen darf. Streng genommen ist sie auch immerwährend in dem Sinn, dass Österreich sehr genau darauf achten muss, wie es sich in Bezug auf Krisen und Konflikte in der Welt verhält; um im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung oder gar eines Krieges eben nicht zwangsläufig zu einer Streitpartei zu werden.

Was Strache und einige seiner Parteifreunde in den vergangenen Tagen, Wochen und Monate gesagt und getan haben, widerspricht dieser Neutralitätspolitik. Zwar ist diese schon länger auch von anderen Seiten unter Druck geraten; insbesondere im Zuge der europäischen Integration (Stichwort „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik“). Das aber geht nun sehr viel weiter:

  • „Der Kosovo ist zweifelsohne ein Bestandteil Serbiens“, wurde Strache zuletzt von der Belgrader Zeitung „Politika“ zitiert. Was brisant ist: Österreich hat den Kosovo schon vor zehn Jahren als unabhängigen Staat diplomatisch anerkannt. Wie es auch schon über 100 andere Staaten der Welt getan haben. Nicht aber Serbien. Das nun eine Parteinahme zu seinen Gunsten durch Strache erfuhr. Wobei er seine Aussage zwar umgehend dementierte; das Transkript ist jedoch umfassender.* Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, sprach prompt von einer Attacke gegen die Friedensordnung auf dem Westbalkan.
  • „Anscheinend hat die FPÖ in der Außenpolitik noch nicht realisiert, dass sie in der Regierung sind“, twitterte Ex-Außen-Staatssekretär Hans Winkler (ÖVP) nach einem Besuch des freiheitlichen Klubobmannes Johann Gudenus des verfassungswidrigen „Nationalfeiertags“ der Republika Srpska. Das ist formal gesehen eine Entität von Bosnien und Herzegowina, also kein eigener Staat. Was Strache schon im September 2017 nicht davon abhielt, sich in einem Interview für die Unabhängigkeit einzusetzen.
  • Ebenfalls zu schwarz-blauen Verstimmungen führte eine Reise von FPÖ-Politikern auf die Krim im vergangenen Jahr; sie setzten sich für die Anerkennung der Annexion der Halbinsel durch Russland ein, die nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft noch immer zur Ukraine gehört. Damals schritt der heutige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) höchstpersönlich ein: Er sei „gänzlich anderer Meinung“, meinte er immerhin.

Erschwerend kommt bei all diesen Fragen hinzu, dass es sich um eine Parteinahme in nach wie vor ungelösten Konflikten handelt; womit die rot-weiß-roten bzw. blauen Alleingänge die Neutralität ganz gefährlich unterminieren.

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*) Laut Der Standard hat Strache seine Aussage, wonach Belgrad ein Teil Serbiens sei, zuletzt doch wieder bekräftigt.

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