BERICHT. Ablöse zumindest vorerst abgesagt: Protestbewegung sieht „Gremien“ am Zug, doch die entscheidende Person, Michael Häupl, hat bereits abgewunken.
Werner Faymann ist ein Phänomen: Nach jeder Landtagswahl wird er als SPÖ-Vorsitzender und Kanzler angezählt. Zumal es immer eine Niederlage für seine Genossen setzt. Doch jedes Mal kann er sich halten. Auch nach der Wien-Wahl, wo es wirklich ernst für ihn wurde, ist das ganz offensichtlich der Fall. Die Protestbewegung „wirwollenmehr.at“ sieht die Gremien am Zug, doch Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der der letzte mächtige Funktionär ist, hat bereits abgewunken. Bis zur Bundespräsidenten-Wahl im Frühjahr 2016 dürfte Faymann damit wieder Ruhe haben.
Die Bilder von der SPÖ-Wien-Wahlfeier vom 11. Oktober sprachen Bände: Michael Häupl ließ sich dafür feiern, überraschend geringe Verluste erreicht zu haben – und Werner Faymann ziemlich unbeachtet stehen. Als dann auch noch Häupls Vertraute, Vizebürgermeisterin Renate Brauner, in einem ORF-Interview kein Bekenntnis mehr zu Faymann über die Lippen brachte, schien dessen Ablöse als Parteivorsitzender und Bundeskanzler gekommen zu sein.
„Es wurden uns sogar die Mittel für offensives Marketing und Inserate in Publikumsmedien angeboten. Aber: Das würde unsere Partei spalten, und das wollen wir nicht.“ (Initiative wirwollenmehr.at)
Parallel dazu startete eine Gruppe u.a. mit den PR-Berater Edward Strasser im Internet die Unterschriftenkampagne „wirwollenmehr.at“: Faymann stehe eine Erneuerung der Sozialdemokratie im Weg – es sei daher Zeit für ihn, zu gehen, so der Tenor. Am ersten Tag kamen 320 Unterstützer zusammen. Doch dann wurde der Zuspruch immer geringer, zumal nur noch Parteimitglieder zeichnungsberechtigt waren. Bis 2. November, 13 Uhr, sind 499 erreicht worden.
„Unserem Anliegen wurde Gehör verschafft“, zeigt sich Edward Strasser gemeinsam mit seinen Mitstreitern gegenüber dieSubstanz.at dennoch zufrieden: „Gemeinsam haben die Fünfhundert gezeigt, dass Mitglieder eine starke Stimme haben können und dass in der SPÖ Zivilgesellschaft möglich ist.“
Laut Strasser und Co. wäre sogar wesentlich mehr möglich gewesen: „Einige haben uns dazu ermuntert, die Initiative zu einer großen Kampagne auszuweiten. Es wurden uns sogar die Mittel für offensives Marketing und Inserate in Publikumsmedien angeboten. Aber: Das würde unsere Partei spalten, und das wollen wir nicht. Wir wollen eine geeinte SPÖ mit einer neuen Parteispitze – nicht eine gespaltene SPÖ mit Werner Faymann.“
Doch wie soll es nun weitergehen? „Es liegt jetzt an den Gremien, die Weichen für eine personelle Erneuerung zu stellen.“ Dort freilich herrscht vorerst Funkstille: Schon eine Woche nach der Wiener Gemeinderatswahl sandte Häupl wieder versöhnlichere Signale ans Kanzleramt aus: Faymann werde „selbstverständlich“ als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl 2018 ziehen.
Gut informierte Sozialdemokraten wollen wissen, dass Häupl das ernst meint: Zumindest vorerst werde er, der der letzte wirklich mächtige Funktionär in der Partei ist, keine Faymann-Ablöse betreiben. Zunächst solle dieser vielmehr Sozialminister Rudolf Hundstorfer als SPÖ-Kandidat für die Bundespräsidenten-Wahl im Frühjahr 2016 präsentieren. Und dann werde alles Weitere vom Ausgang dieses Urnengangs abhängen. Wobei erfahrungsgemäß nicht einmal eine Niederlage etwas bedeuten muss.