ANALYSE. „Ich hol mir, was mir zusteht“, sagt die Sozialdemokratie in diesem Wahlkampf. Und gibt sich damit selbst auf.
Die SPÖ hat ihr Wahlkampfthema gefunden: Es geht um Existenzielles. Beziehungsweise Finanzielles. Neben Gesundheit und Sicherheit gehört das noch immer zu dem, was die Menschen am meisten beschäftigt. Also wird das naheliegenderweise auch eine Partei tun.
Entlarvend ist nur, wie die SPÖ das anstellt: „Ich hol mir, was mir zusteht“, lautet der Slogan. Und damit läuten Christian Kern und Co. auch schon die Post-Ära der Sozialdemokratie ein. Sozialdemokratie war einst eng verbunden mit Solidarität. Man könnte auch sagen: Eine(r) für alle bzw. alle für eine(n).
Sehr schön zum Ausdruck gebracht wurde das durch das Umlageprinzip, auf dem das Pensionssystem beruht: Die jeweils Erwerbstätigen kommen für die jeweiligen Pensionen auf. Anders würde sich das ja auch nicht ausgehen. Man muss sich nur einmal ausrechnen, wie viel man in seinem Leben einzahlen muss, um dann einmal 20 oder 30 Jahre lang davon leben zu können: Es ist schwindelerregend. Also ist es ein Glück, dass es das Umlageverfahren gibt.
Wie auch immer: Die Sozialdemokratie ist irgendwann pragmatisch geworden und ein Stück weit davon abgekommen. Stichwort „dritter Weg“ zwischen reiner Eigenverantwortung und ausschließlicher Vergemeinschaftung. Daher hat sie sich auch auf ein Pensionskonto eingelassen, das dem Bürger bereits suggeriert, dass er mit seinen Beiträgen da eh nur für sich selbst vorsorgt.
Nicht wenige Österreicher meinen, sie hätten so lange gearbeitet, dass sie sich ihre Pension allemal finanziert hätten. Das jedoch ist ein Irrtum.
Erst jetzt jedoch treibt die SPÖ das auf die Spitze: Im „Standard“ sprach sich Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) dafür aus, eine Verfassungsbestimmung darüber zu schaffen, dass alle Einzahlungen auf das Pensionskonto dem Versicherten „sicher“ bleiben. Wenn man das in seinem Sinne argumentieren will, kann man sagen, er wolle nur den guten alten Generationenvertrag, auf dem das Umlageprinzip beruht, insofern einzementieren, als jedem schwarz auf weiß die Gewissheit gegeben wird, dass er auch einmal davon profitieren wird. Wenn man die Sache jedoch nüchtern betrachtet, bleibt nur dies: „Vergiss die Solidarität! Es geht nur noch um Dich. Und DEIN Geld!“
Untermauert, ja pervertiert wird dieser Zugang durch den Slogan „Ich hol mir, was mir zusteht“. Die Sozialdemokratie gibt damit jeglichen Solidaritätsgedanken auf. Wobei sie sich nicht gleich auf die reine Eigenverantwortung einlässt, sondern zunächst noch eine Art Abverkauf durchführt: Jeder holt sich, was er meint, zu „verdienen“.
Das ist verhängnisvoll: Nicht wenige Österreicher meinen, sie hätten so lange gearbeitet, dass sie sich ihre Pension allemal finanziert hätten. Das jedoch ist ein Irrtum, wie eingangs bereits angedeutet. Es ist daher besser, sie nicht auch noch glauben zu lassen, dass sie sich ihre (vermuteten) Ansprüche holen könnten: Dann bricht das System wirklich zusammen.