BERICHT. Reaktion auf EU-Vertragsverletzungsverfahren: Mit einer kleinen Gesetzesänderung soll sichergestellt werden, dass die Tierärztekammer auch in Zukunft die Honorare von Veterinärmedizinern festlegt.
„Die EU fordert die Liberalisierung der freien Berufe“, warnte der Präsident der Österreichischen Tierärztekammer, Kurt Frühwirth, im vergangenen Dezember und gab sich kämpferisch: „Wir müssen wachsam sein und gleichzeitig Selbstbewusstsein und Phantasie entwickeln.“ Anlass: Die Europäische Kommission ist der Überzeugung, dass die Mindesttarife, die die Kammer mit Zustimmung des Gesundheitsministeriums festlegt, eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellen. Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ist anhängig.
Doch hierzulande ist mittlerweile die von Frühwirth angesprochene Phantasie entwickelt worden: Die SPÖ- und ÖVP-Nationalratsabgeordneten Dietmar Keck und Franz Eßl haben am 18. Mai eine Änderung des Tierärztekammergesetzes beantragt; damit wollen sie in Abstimmung mit der Standesvertretung den EU-Vorbehalten entgegenwirken. Das Pikante daran: In der Sache selbst soll sich kaum etwas ändern.
Derzeit hat die Kammer den Auftrag, die „Honorarsätze“ für tierärztliche Leistungen festzulegen. Künftig soll sie „Richtsätze für tierärztliche Honorare“ fixieren. Vorgesehen ist vor allem also eine semantische Änderung. Das Wort „Honorarsätze“ soll durch „Richtsätze“ ersetzt werden. Und Richtsätze sind nichts anderes als Mindestbeträge.
Außerdem pikant ist der Zeitpunkt: Während SPÖ und ÖVP diese Regelung durchs Parlament bringen wollen, fordert Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die Sozialpartner zu einer Umorientierung auf – von dem, „was die jeweilige Gruppe gerade braucht“, zu dem „was Österreich braucht“.