Sozialdemokraten lassen sich zurechtrichten

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ANALYSE. Dass Hans Peter Doskozil gemeinhin als erfolgreichster Genosse der Gegenwart gilt und auf Peter Kaiser ganz vergessen wird, sagt sehr viel aus über den Zustand der Partei.

Wie Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Vorsitzende noch einmal punkten könnte, ist schleierhaft. Sagen wir, wie’s ist: Wenn du von den eigenen Leuten nicht mehr getragen wirst und du auch von vielen anderen einfach nur noch als Verlierer betrachtet wirst, ist es ganz nüchtern gesehen schwer bis unmöglich.

Womit wir auch schon bei einem entscheidenden Punkt angelangt wären: Die Krise der Sozialdemokratie hängt bei weitem nicht nur mit Rendi-Wagner zusammen. Es sind schon auch Genossen, die sie zur Vorsitzenden gemacht haben und jetzt hängen lassen. Oder die – wie Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil – recht mächtig sind, von allem Anfang an aber nicht an sie geglaubt haben und sie trotzdem Vorsitzende werden ließen; sie sind eigentlich noch schlimmer.

Alles? Nein. Vielsagend für den Zustand der Partei ist auch, dass Hans Peter Doskozil gemeinhin als der erfolgreichste Sozialdemokrat der Gegenwart gilt und sein Kurs daher alternativlos wirkt. Was den Erfolg betrifft, ist das nicht ganz korrekt. Man kann jetzt darüber streiten, ob Peter Kaiser in Kärnten nicht wesentlich mehr erreicht hat: Beide profitierten vom Zusammenbruch der FPÖ. Das ist das eine. Das andere: Doskozil führte die SPÖ im Burgenland gerade von 42 auf knapp 50 Prozent. Peter Kaiser hat die Partei nach dem Ende der Ära Haider 2013 von 29 auf 37 und 2018 wiederum von 37 auf 48 Prozent gebracht.

Zugegeben: Das hat man vergessen. Und das hat viele Gründe: Die Sozialdemokraten haben die Kontrolle über sich selbst verloren, sie lassen sich zurechtrichten. Aus Sicht der ÖVP wäre es angeblich wünschenswert, Doskozil wäre Bundesparteivorsitzender. Weil dann eher eine Koalition möglich wäre. Und natürlich profitiert auch Doskozil davon: Im Burgenland hat er sehr viele Wähler gewonnen, weil er nicht zuletzt auch vor diesem Hintergrund glaubhaft als Politiker wahrgenommen wird, der in entscheidenden Fragen z.B. eine ordentliche Mitte-Rechts-Politik betreibt (was er auch wirklich kann, keine Frage).

Hätte die Sozialdemokratie die Kontrolle über sich selbst, würde sie zumindest auch den Faktor Kaiser stärker rüberbringen. Dieser geht jedoch vollkommen unter. Anders ausgedrückt: Kaum jemand nimmt wahr, wie der Kärntner 2018, am Höhepunkt der türkis-blauen Regierung, bereits mitten in der SPÖ- und noch im Schatten der Flüchtlings-Krise elf Prozentpunkte zulegen konnte. Klar, dass das untergeht, hat viele Gründe. Auch Kaiser selbst ist zu zurückhaltend, um nicht zu sagen: bescheiden, um das auch nur annähernd so offensiv zu transportieren, wie Doskozil das tun würde.

Peter Kaiser punktete durch einen Landeshauptmann-Bonus und schwache Mitbewerber. Im Übrigen überzeugte er mit diesem Programm: Kärnten zum kinderfreundlichsten Land Europas machen, Bildung, Arbeit und Wirtschaft, Lebensqualität und Gesundheit. Asyl, Kriminalität etc.? Pointierte Aussagen dazu muss man im damaligen Programm suchen. Geschadet hat es Kaiser nicht.

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