ANALYSE. Das Ergebnis der Bundespräsidenten-Wahl im vergangenen Jahr hat zu einem schwerwiegenden Irrtum geführt.
Wie kann es nach der Bundespräsidenten-Wahl 2016 sein, dass es bei dieser Nationalrastwahl eine rechte Mehrheit geben dürfte? Eine Frage, die man dieser Tage immer wieder hört. Wobei sie von der Annahme ausgeht, dass mit der klaren Kür von Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zum Staatsoberhaupt eine linke Mehrheit zum Ausdruck gekommen sei. Das jedoch ist ein schwerwiegender Irrtum.
Der nunmehrige Bundespräsident kam vor allem deshalb auf 53,8 Prozent: Er ist nicht nur von „Linken“ getragen worden, sondern auch von den NEOS und auch von Teilen der ÖVP; vor allem letztere haben sich damit in erster Linie gegen Norbert Hofer gestellt, der ihnen z.B. zu Fragen der europäischen Integration eine zu zweifelhafte Ansage war. Summa summarum kann man so gesehen sehr wahrscheinlich nicht einmal von einer Mehrheit gegen Rechts reden; es war vielmehr eine Mehrheit gegen diesen FPÖ-Politiker.
Kurz entschuldigte sich bei Strache nahezu, dass Mitterlehner Van der Bellen unterstützt hatte.
Und wenn man noch genauer hinschaut, dann sieht man, dass sich an den politischen Verhältnissen seither kaum etwas geändert haben dürfte: Die ÖVP spielte bei der Stichwahl vom 4. Dezember 2016 eine entscheidende Rolle. Offizielle Wahlempfehlung gab sie zwar keine ab. Im nunmehrigen ORF-Duell mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich Bundesobmann Sebastian Kurz aber geradezu dafür entschuldigt, dass sein Vorgänger Reinhold Mitterlehner seinerzeit in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ verkündete, persönlich Van der Bellen zu unterstützen. Was zeigt, wie umstritten diese Frage in der Volkspartei ganz offensichtlich war – und eine Ahnung aufziehen lässt: Hätte sich die Partei offen für Hofer ausgesprochen, hätten wir heute möglicherweise einen anderen Bundespräsidenten. Okay: Wissen tut man es nicht. Und darüber zu spekulieren ist jetzt auch müßig. Die Sache ist nur die: es handelt sich um einen weiteren Hinweis darauf, dass es keine linke Mehrheit gab.
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