So können wir nicht wählen

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ANALYSE. Innenminister Peschorn bereitet Österreich auf eine Bombe im Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre vor. Sie ist hochpolitisch. Daher ist es unerträglich, dass Details wohl erst nach der Nationalratswahl bekannt werden.

Es war ein denkwürdiges Interview, das Innenminister Wolfgang Peschorn in der ZiB2 gegeben hat. „Sie wissen jedenfalls zu wenig“, ließ er Armin Wolf wissen. Die Ibiza-Affäre besteht demnach nicht nur aus den bekannten Aussagen von Ex-Vizekanzler und -FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sowie drei, vier Leuten, die ihn und Johann Gudenus in die Video-Falle gelockt hatten. Da ist viel mehr. Doch Peschon will im Sinne der Ermittlungen nichts sagen. Weder zu weiteren „Hintermännern“ noch zu sonst etwas. Nur so viel: Wolf – und mit ihm fast alle Österreicherinnen und Österreicher – haben keine Ahnung, was noch alles aufkommen dürfte. Weil es nämlich so ist: „Der Kriminalfall Ibiza-Video ist ein wahnsinnig großer, einer der spannendsten der Zweiten Republik.“ Wer jetzt schon meint, ein Urteil fällen zu können, möge abwarten, so Peschorn.

Das ist unerträglich: Können wir unter diesen Umständen gleich einmal zur Nationalratswahl schreiten? Nein. Ibiza ist hochpolitisch. Schon bisher haben Ermittler nicht nur Vereine im Umfeld der FPÖ ins Visier genommen, sondern auch der ÖVP und der SPÖ. Doch das ist offenbar nur die Spitze eines Eisberges. Seine gesamte Masse ist für die über sechs Millionen Wahlberechtigten (noch) nicht zu sehen. Es muss nicht, kann aber noch sehr vieles aufkommen, was Politiker und Parteien betrifft. Und allen schon diese Möglichkeit ist das Problem: Man kann nicht ausschließen, in Unkenntnis gewisser Dinge spätestens am 29. September eine Wahlentscheidung zu treffen, die man hinterher in Kenntnis dieser Dinge zutiefst bereut.

Als Bundeskanzler hat Sebastian Kurz (ÖVP) in seiner ersten Rede nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos erklärt, er könnte die Zusammenarbeit mit der FPÖ nicht fortsetzen. Begründung: In seinen Gesprächen mit Freiheitlichen habe er „nicht das Gefühl gehabt, dass abseits der Rücktritte es eine wirkliche Bereitschaft gibt für eine tiefgreifende Veränderung auf allen Ebenen der Partei“. Das war ein starker, für sich genommen überzeugender Satz. Nur: Welche Veränderungen wirklich nötig sind, ist nicht einmal dreieinhalb Monate nach dieser Rede absehbar. Zuerst muss alles auf den Tisch. Soll heißen: Die ganze Geschichte steht auch Koalitionsverhandlungen nach der Wahl im Weg, wenn Kurz seine Worte am 17. Mai ernst gemeint hat.

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Etwas konkreter ist Peschorn im ZiB2-Interview in einer anderen Hinsicht geworden, die ebenfalls Schwarz-Blau betrifft: Auf die Frage, ob er auf „schwarze Netzwerke“ gestoßen sei, antwortete er, er habe „viele Netzwerke entdeckt, schwarze, blaue, vielleicht auch andere“. Das Innenmistern in der Hand von ÖVP-, FPÖ- und „vielleicht“ auch Vertretern anderer Parteien und Interessenvertretungen? Darauf kann es nur eine Antwort geben: Der nächste Ressortchef muss zumindest parteiunabhängig sein.

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