BERICHT. Die Mitgliederbefragung ist ähnlich gestrickt wie jene, die Doskozil gerade erst im Burgenland durchgeführt hat. Ergebnis: Ältere Männer dominieren, setzen auf klassische Themen und weniger auf Klimageschichten.
Ex-Innenminister Caspar Einem (SPÖ) ist in der „Tiroler Tageszeitung“ ziemlich hart ins Gericht gegangen mit der Befragung, die auf Geheiß von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gerade durchgeführt wird unter allen Parteimitgliedern. Wobei sich Einem nicht nur auf die Vertrauensfrage bezogen hat, die Rendi-Wagner stellt, sondern auch auf die inhaltlichen Fragen, die seines Erachtens „bloß mit ,No na‘ beantwortet werden können“.
Von einer Richtungsentscheidung kann wirklich keine Rede sein. Eine solche würde voraussetzen, dass die Genossinnen und Genossen mitteilen dürfen, ob sie zum Beispiel lieber eine Vier- oder Fünf-Tage-Woche hätten; oder ein steuer- oder ein beitragsfinanziertes Pflegesystem; oder eine Krankenversicherung für alle oder die Beibehaltung privilegierter Krankenfürsorgeanstalten für Bedienstete gewisser Länder und Gemeinden.
Gefragt werden die Mitglieder jedoch nur, wie wichtig ihnen Forderungen wie jene nach einer Vier-Tage-Woche, einem Ausbau des Gewaltschutzes, einem Rechtsanspruch auf einen Gratis-Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr oder eine Klimaschutz-Milliarde ist. Wobei gerade auch kritische Sozialdemokraten fair sein sollten, ehe sie sich über solche Fragestellungen empören; das ist in ihren Reihen nämlich nichts Ungewöhnliches.
Im Burgenland ließ SPÖ-Chef und Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil im vergangenen Herbst eine Mitgliederbefragung durchführen. Das einzige Ziel war ganz offensichtlich Mobilisierung. „Soll sich die SPÖ Burgenland dafür einsetzen, dass der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau direkt gewählt werden kann?“, hieß es etwa. Wenig überraschendes Ergebnis: 81 Prozent stimmten mit „ja“. Weiter verfolgt wurde das von Doskozil jedoch nicht.
Diese Mitgliederbefragung verdient es trotzdem, näher betrachtet zu werden. Sie lässt zwei Dinge erahnen, auf die sich Pamela Rendi-Wagner gefasst machen muss: Erstens, nach Angaben der burgenländischen SPÖ belief sich die Beteiligung auf 54 Prozent. Das ist für Rendi-Wagner schier unerreichbar. Selbst hat sie gegenüber oe24.at denn auch schon wissen lassen, dass alles über 20 Prozent ein Erfolg wäre. Ist es jedoch nicht, wie man sieht. Selbst ein Votum von 99 Prozent für ihren Verbleib wäre unter diesen Umständen relativ.
Die burgenländische Befragung lässt noch etwas erkennen: Die Parteimitglieder sind männlich und älter. Von den 6202, die im vergangenen Herbst teilgenommen haben, waren 64 Prozent Männer und 67 Prozent über 50. Sprich: Gerade einmal 36 Prozent waren Frauen und überhaupt nur 33 Prozent unter 50 (bzw. gar nur 17 Prozent unter 40).
Wenig überraschend ist denn auch ihre Sichtweise auf die größten Herausforderungen. Nicht, dass sie bedeutungslos wären, es handelt sich jedoch ausschließlich um die klassischen: 86 Prozent sagen, dass „Arbeitsplätze“ ein sehr wichtiges Thema sind, 79 Prozent „medizinische Versorgung“ und 71 Prozent „Pflege“.
Themen, die die SPÖ ohnehin schon so vernachlässig hat, dass sie jüngere Wähler an die Grünen verloren hat, stinken im Vergleich dazu ab: „Klimaschutz“ ist nur 58 Prozent sehr wichtig, „öffentlicher Verkehr“ 52 Prozent und „Biowende“ gar nur 42 Prozent. Soll heißen: Eine Neuausrichtung der Partei ist bei solchen Werten schwer möglich; durch eine Mitgliederbefragung, die ernst genommen wird, könnte sie eher sogar verbaut werden.
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