ANALYSE. Während Sozialdemokraten und Grüne an die Vernunft appellieren, weckt der ÖVP-Klubobmann viel stärkere Emotionen.
„Das Paradies auf Erden gibt es eben nicht“, so ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka zur Kürzung der Mindestsicherung beim Besuch der Gruft, einem Wiener Obdachlosenzentrum. Gesprochen hat da nicht der Theologe, der der 56-Jährige Steirer auch ist, sondern der knallhart berechnende Parteistratege. Und angesprochen hat er nicht die ungläubig dreinblickenden Umherstehenden, sondern – via Medien – eine Masse der Österreicher. Die nämlich, die der Meinung ist, dass die Mindestsicherung von einem guten Teil der Bezieher nur als „Hängematte“ missbraucht werde. Genau ihr will Lopatka vermitteln, dass er schon dafür sorgen werde, dass ohne Arbeit niemand ein gutes Leben führen könne. Was naturgemäß zynisch ist: Mit 800, 900 Euro im Monat ist es schwer, halbwegs würdevoll über die Runden zu kommen. Aber das zählt nicht: Emotionen entscheiden. Und die weckt Lopatka mit dem „Paradies“ nun einmal.
Dagegen sind die politischen Mitbewerber chancenlos. Was zum einen daran liegt, dass auch sie keine runde Geschichte darüber zu erzählen haben, wie der Wohlfahrtsstaat geänderten Herausforderungen gerecht werden könnte. Vor allem aber, weil sie keine vergleichbare Sprache vorzuweisen haben.
Das zumindest kann die ÖVP, womit sie, nebenbei bemerkt, auch ihre Inhaltsleere sehr gut kaschieren kann: Weder hat sie ein Konzept für einen modernen Leistungs-, noch für einen zeitgemäßen Sozialstaat. Viel mehr, als ein bisschen bei der Gewerbeordnung oder dem Pensionssystem herumzudoktern, ist folglich auch von da her nicht drin.
Dass er sein Handwerk versteht, hat er schon früh bestätigt. Vor allem Grüne werden sich an den Nationalratswahlkampf 2002 erinnern. Stichwort „Haschtrafiken“.
Rechtspopulisten sind sprachlich wirkungsvoller als andere Politiker. Und dazu muss man nicht nach Amerika schauen. Siehe Heinz-Christian Strache und seine Warnung vor einem Bürgerkrieg. Vernunftbegabten Menschen mag es ein Leichtes sein, so etwas zu widerlegen. Entscheidend aber ist, dass er die Hunderttausenden erreicht, die sich schon länger Sorgen machen; vor allem aufgrund ihrer täglichen Krone-Heute-Österreich-Lektüre. Sie werden von Strache bestärkt: Die Lage könnte dramatischer nicht sein.
Doch zurück zu Lopatka: Dass er sein Handwerk versteht, hat er schon früh bestätigt. Vor allem Grüne werden sich an den Nationalratswahlkampf 2002 erinnern: Als ÖVP-Kampagnenchef hatte er die Verbreitung der Behauptung zu verantworten, dass mit ihnen „Haschtrafiken“ kämen. Auch damals war natürlich klar, dass das Unsinn ist. Aber damit sind für viele Menschen, vor allem bürgerliche, eben doch Bilder wachgerufen worden, die sie letzten Endes entscheidend daran hinderten, grün zu wählen.