Regierungsmitglieder: Und da waren’s nur zehn

ANALYSE. Von Selbstzerstörung getrieben, demontieren sich Koalitionsvertreter gegenseitig. Wobei die Sozialdemokraten ziemlich hilflos wirken. 

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ANALYSE. Von Selbstzerstörung getrieben, demontieren sich Koalitionsvertreter gegenseitig. Wobei die Sozialdemokraten ziemlich hilflos wirken.

Der ewige Präsidentschaftswahlkampf muss die Pläne von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern ganz schön durcheinandergebracht haben. Logisch wäre es jedenfalls, wenn er im vergangenen Mai angetreten wäre, um entweder einen „New Deal“ durchzusetzen oder Neuwahlen zu riskieren. Ersteres muss er nach einem halben Jahr als gescheitert ansehen; letzteres ist ihm aufgrund des Präsidentschaftswahlkampfes zumindest bis zum (hoffentlich) entscheidenden Urnengang Anfang Dezember verwehrt.

Jetzt hat Kern ein Riesenproblem: Der Koalitionspartner hat Zeit gewonnen, ihn zu beschädigen. Und das tut er bei jeder Gelegenheit: Bei CETA musste er genauso klein beigeben, wie bei der Gewerbeordnung oder nun ganz offensichtlich bei der Mindestsicherung. Ganz zu schweigen von der Maschinensteuer; sie ist nicht einmal mehr ein Thema.

Mit Kern demontiert wird von der ÖVP-Speerspitze im Übrigen Sozialminister Alois Stöger (SPÖ). Gegen die schwarze Länderphalanx ist er bei der Mindestsicherung chancenlos und muss das zulassen, was er immer verhindern wollte: eine Kürzung.

Dem Koalitionspartner geht’s freilich nicht viel besser: Dass Vizekanzler und Parteichef Reinhold Mitterlehner seine Reihen im Griff hat, ist ein Märchen. Vor allem Außenminister Sebastian Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka machen nicht, was er wünscht, sondern, was sie wollen. Er selbst bringt abgesehen davon kein Mutmachprogramm zusammen; die Nicht-Entrümpelung der Gewerbeordnung etwa, die er maßgeblich zu verantworten hat, steht einem solchen im Weg.

Aus dem Niedergang herausspielen kann sich nur einer: Außenminister Kurz. 

Und da wäre mit Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) noch ein zentrales Regierungsmitglied, das Gefahr läuft, nicht mehr ernst genommen zu werden: Reformen ankündigen kann er, durchsetzen nicht. Siehe: Budget 2016, Steuerreform, Pensionsreform, Budget 2017, Nicht-Abschaffung der Kalten Progression und zuletzt Finanzausgleich.

Was bleibt, ist eine Schrumpfregierung mit zehn grundsätzlich nicht beschädigten Mitgliedern. Wobei auch darunter das eine oder andere, wie Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), ein Schattendasein führt (ja, sie ist noch im Amt).

Aus dem Niedergang herausspielen kann sich nur einer: Außenminister Kurz. Seine Strategie: Bestätigen, was die Mehrheit glaubt (dass das mit den Flüchtlingen nicht so weiter gehen könne und dass man der Türkei jetzt aber wirklich einmal sagen müsse, dass sie zu weit gehe etc.) – und dann wieder abtauchen. Was dazu führt, dass kaum ein Mensch auf die Idee kommen würde, ihn für den Zustand der Regierung mitverantwortlich zu machen. Kurz ist quasi aus dem Schneider. Und die Sozialdemokratie kann ihm nicht einmal mehr etwas anhaben: Zu beliebt ist er geworden, als dass man ihn angreifen könnte, ohne selbst dabei Schaden zu nehmen.

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