ANALYSE. Babler und Schilling setzen aufs „Herz“. Das ist gut gemeint, aber riskant. Zumal es Weichenstellungen, um die es in diesem Wahljahr geht, nicht gerecht wird.
Österreich brauche „Politik mit Herz und Hirn“, sagt SPÖ-Chef Andreas Babler und hat unter diesem Titel auch schon „24 Ideen“ präsentiert. Unabhängig davon zieht Lena Schilling für die Grünen in den EU-Wahlkampf und erklärt, es brauche „Haltung und Herz“.
In beiden Fällen kann man nur erahnen, was damit gemeint sein könnte. Babler setzt den Begriff auch im Sinne eines „beherzten“, also leidenschaftlichen Handelns, ein.
Es ist offensichtlich: Hier waren Berater am Werk, die davon ausgehen, dass sich Politik in einer Vertrauenskrise befindet; dass größere Teile der Bevölkerung in all den Krisen das Gefühl bekommen haben, der Politik egal zu sein. Das „Herz“ soll dem entgegenwirken und auch Empathie symbolisieren.
Die Risiken sind jedoch groß: „Herz“ heißt alles und nichts. Außerdem: Wenn man betonen muss, dass man eines hat, hat man ein Problem. Das wäre gerade bei diesen beiden nicht nötig: Bablers Markenzeichen ist es ja, der Häupl’sche Politiker-Typ zu sein, der mit leuchtenden Augen (leidenschaftlich) agiert. Bei Schilling, der Klimaaktivistin, ist es nicht anders.
Zweitens: Durch die Betonung tritt eine Politik der Gefühle in den Vordergrund, droht auch inhaltlich Entscheidendes in den Hintergrund gerückt zu werden. Ein Herz zu haben und Gutes zu wollen, ist sehr okay. Entscheidend ist jedoch ein Bild von der Gesellschaft, das es zum Ausdruck bringt.
Drittens: Ein Motiv, auf den Begriff „Herz“ zu setzen, ist eben die Vertrauenskrise: Die Generation Sebastian Kurz hat sehr viele Österreicherinnen und Österreicher auch damit enttäuscht, letzten Endes halt doch nur Eigeninteressen verfolgt zu haben, ja in Wirklichkeit eine Schnöselpartie gewesen zu sein. Das schreit nach einer Gegenbewegung. Mehr noch tut das FPÖ-Chef Herbert Kickl: Er ist unnahbar, gezielt aggressiv (wenn er zum Beispiel von Volksverrätern oder Fahndungslisten spricht oder ankündigt, als Volkskanzler nach oben zu treten). Er ist das Gegenteil von herzlich.
Ob man ihn jedoch durch die Betonung des Herzens herausfordern kann? Es ist fraglich. Es ist eine schwache Ansage. Immerhin geht es mehr und mehr darum, was man Kickls Modell von Europa und Österreich, von Demokratie und Gesellschaft entgegenzusetzen hat. Wie man Wähler dazu bringt, dem nicht auf den Leim zu gehen. Da sind vor allem auch Ansagen nötig, die dem Ernst dieser Weichenstellungen gerecht werden.