Polarisierungsfalle

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ANALYSE. Die ÖVP hat sich unter Sebastian Kurz eine marktbeherrschende Stellung für Mitte-Rechts-Wähler erarbeitet. Umso schwieriger ist eine Kursänderung.

Schwarz-Grün ist möglich. Siehe Westösterreich: Auf Landesebene existiert eine solche Zusammenarbeit in Tirol und Vorarlberg; in Salzburg sind im Übrigen noch die Neos an Bord. Ein Beispiel für die Bundesebene? Nur mit so vielen Abstrichen, dass davon kaum noch etwas übrig bleibt.

Schauen wir uns Vorarlberg näher an: Dort ist aus ÖVP-Sicht seit zehn Jahren eine Koalition mit den Freiheitlichen ausgeschlossen. Die Volkspartei kann sich diese Deutlichkeit leisten. Rechtspopulismus kommt im äußersten Westen nicht gut an. Als Konkurrenten wirklich ernstzunehmen sind vielmehr die Grünen. Also koaliert man mit ihnen.

Auf Bundesebene ist das ganz anders: 2017 hat Sebastian Kurz die ÖVP auf einen neuen Kurs gesetzt. Unmissverständlich „Mitte-Rechts“ war angesagt. Der Erfolg hat sich seither zweimal eingestellt. Vor zwei Jahren nahm Kurz der FPÖ (sowie dem BZÖ) laut SORA-Berechnung mehr als 200.000 Wählerinnen und Wähler ab. Dazu kamen noch einmal über 100.000 vom Team Stronach. Jetzt holte Kurz eine Viertelmillion enttäuschter FPÖ-Wähler. Zusammenzählen kann man die Werte nicht, der eine oder andere Wähler von 2017 ist diesmal zu Hause geblieben oder zu einer anderen Partei gegangen. Zumal es nicht viele waren, hilft es jedoch, eine Ahnung davon zu bekommen, wie „blau“ die ÖVP heute ist.

Die Zuwanderung zur ÖVP von Mitte-Links-Parteien ist im Vergleich dazu fast schon vernachlässigbar. Und bei Grünen und Neos ist im Übrigen zu beachten, dass es auch eine Gegenbewegung gibt. Das hat das „Mitte-Rechts“-Profil der ÖVP aber wohl nur weiter geschärft.

Der Punkt, auf das das hinausläuft, ist folgender: Mit gut und gerne einer halben Million ehemaliger FPÖ-, BZÖ- und Team-Stronach-Anhänger ist es schwer, den Kurs zur Mitte oder im Rahmen einer Koalition mit den Grünen gar nach links zu verschieben: Da würde Sebastian Kurz riskieren, fast ein Drittel seiner Wähler zu verlieren.

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