Parteisteuern in Millionenhöhe

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BERICHT. 2022 hatten die umstrittenen Beiträge von Mandataren allein in der ÖVP ein Gesamtvolumen von mehr als drei Millionen Euro.

Parteien werden in Österreich so massiv gefördert mit öffentlichen Mitteln wie in kaum einem anderen Land der Welt. Eine wohlwollende Erklärung dafür ist, dass dadurch ihre Unabhängigkeit gestärkt werden soll. Der Haken: Den meisten reicht es nicht. Sie holen sich Beiträge von Mandataren und Funktionären, also Geld, das letzten Endes ebenfalls von den Steuerzahlern kommt. Vor allem aber steht das Ganze in einem Spannungsverhältnis zum freien Mandat; und dazu, dass Abgeordnete nicht so sehr ihrer Partei, sondern Wählern verpflichtet sein sollten.

Im Übrigen lässt die Transparenz zu wünschen übrig. Die Idee zu dieser Geschichte geht darauf zurück, dass sich ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einem ZIB2-Interview weigerte, zu sagen, wie viel mehr als 170.000 Euro brutto pro Jahr er verdient; obwohl er und seinesgleichen eine solche Offenlegung Mitarbeitern des Öffentlich-Rechtlichen abverlangen. Wie auch immer: Bei der Gelegenheit wies Stocker darauf hin, dass er ja auch noch Parteisteuer zahlen müsse. Das ist ungefähr so, als würde ein Bürger von seinem Lohn „nach richtigen Steuern“ einen Vereinsbeitrag abziehen, ehe er sein Nettoeinkommen ausweist.

Zu den Parteisteuern kann man nur so viel sagen: 2022 sind 6,75 Millionen Euro zusammengekommen. Das ist die Summe, die sich aus den entsprechenden Angaben in den Rechenschaftsberichten für Bundes-, Landes- und Teilorganisationen der Parteien ergibt, die im Nationalrat vertreten sind.

Die ÖVP steht mit 3,1 Millionen Euro an der Spitze. Zwei Drittel davon entfallen auf den Wirtschaftsbund (2,1). Die SPÖ folgt mit 2,2 Millionen Euro. In ihrem Fall entfällt ziemlich genau die Hälfte auf die Landesorganisation Wien. Bei der FPÖ handelt es sich um rund 740.000 Euro, bei den Grünen um 684.000 Euro – und bei Neos um null.

Zu den „Steuersätzen“ gibt es keine Angaben. In einer Anfragebeantwortung an Gerald Loacker (Neos) hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Sommer 2022 nur dies bestätigt: Als „jahrzehntelang geübte Serviceleistung der Parlamentsdirektion“ (!) behält diese Beiträge von türkisen und roten Abgeordneten ein, um sie auf ein Konto ihrer Fraktion zu überweisen. Noch origineller: „Bei Eintritt in den Nationalrat wird der Parlamentsdirektion die Klubzugehörigkeit bekannt gegeben und aufgrund dieser Mitteilung davon ausgegangen, dass die/der Abgeordnete den Klubbeitrag im Wege eines Einbehalts von den Bezügen leisten will. Selbstverständlich besteht jedoch die Möglichkeit eines Widerrufs.“ Behauptung: Ein Parteiausschluss würde folgen. Das traut sich niemand, der einen solchen nicht anstrebt.

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