ANALYSE. In der ÖVP-Justiz-Affäre instrumentalisiert Sebastian Kurz Medien, wie es ihm gefällt.
Wir erfahren: Für die ganze Geschichte sollen Medien verantwortlich sein. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat im ZiB2-Interview auf die Frage, warum er jetzt die Justiz kritisiere, geantwortet: „Weil ich gefragt worden bin von Journalistinnen und Journalisten.“ Medien sollen demnach linke Netzwerke und lange Verfahrensdauern bei der Wirtschats- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geortet haben und Kurz hat das bestätigt. Ganz ehrlich: Es kann natürlich so gewesen sein, wirklich überzeugend ist das jedoch nicht. Grund: Dafür hat Kurz dann doch sehr offensiv und konkret die Justiz ins Visier genommen. Und vor allem gab es da ja die Anlassfälle, die ein persönliches Motiv bei ihm nahelegen: Da sind die -mittlerweile offenbar – eingestellten Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter, der Akten geschreddert hat. Und da ist die Casinos-Affäre mit Leuten wie Ex-ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Pröll und Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, die ebenfalls in die Zuständigkeit der WKStA fällt.
Diese Geschichte zeigt viel mehr, wie sehr Kurz’sche „Message Contol“ Medien verwendet, wie es ihm gefällt; ja, Journalistinnen und Journalisten sollen zu nützlichen Idioten gemacht werden. Das ist auch insofern bemerkenswert, als Medienpolitik in der Regierung in die Zuständigkeit von Sebastian Kurz fällt. Von daher kann man sich ausmalen, wie sie ausschaut.
Sebastian Kurz lud im Jänner also zu einem Hintergrundgespräch und hat die WKStA angegriffen. Mehre Tage darauf wird das durch einen Leitartikel in der Wiener Stadtzeitung „Falter“ publik. Wobei man sich als Bürger fragen darf: Wie ist es möglich, dass die anderen Medien diese politisch hochproblematische Sache nicht weiterverfolgt haben? Gut, in einem Ö1-Interview ist Kurz darauf angesprochen worden, ob die Staatsanwaltshaft an die kurze Leine genommen werden solle. Aber sonst?
Journalisten, die an einem Hintergrundgespräch teilnehmen, verpflichten sich, zu schweigen. Im Unterschied zu ihnen hat Kurz das durchbrochen nach dem Falter-Bericht – und, um „Herr des Geschehens“ zu bleiben, ausgeweitet: Er geht medienöffentlich gegen die Justiz vor, der er unter anderem unterstellt, zu viele Verfahren medienöffentlich zu führen, was zu medialen Vorverurteilungen führe. Ein Widerspruch? Ja.
Medien sind aber nicht nur gut und nützlich. Bei der Schredder-Affäre beklagt sich Kurz über medialen Druck, der auf seinem Ex-Mitarbeiter gelastet habe. Wobei man einräumen muss, dass dieser unter Garantie groß gewesen ist. Wie ist es aber nun um den Druck bestellt, den Kurz über Medien so gezielt auf die Staatsanwälte erzeugt? Keine Affäre?
Journalistinnen und Journalisten dienen bei Kurz nicht nur als Multiplikatoren, sondern auch als Quelle: Zwei hochrangige Journalisten hätten ihm gesagt, dass ihre Medien Akten von Staatsanwälten bekommen haben. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf: Die Staatsanwälte müssten zur Verantwortung gezogen werden. Aber zu weit will Kurz dann auch wieder nicht gehen – „nur weil sie (die Journalisten) besonders mutig waren und sich in den Dienst der Sache“ gestellt hätten, wie sagte. Dienst „der“ Sache? Dienst seiner Sache, wäre wohl ehrlicher.
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