Nicht mehr universell

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ANALYSE. Menschen- und damit auch Flüchtlingsrechte werden von der österreichischen Regierung auf ein Maß reduziert, das selbst Teilen der deutschen AfD zu weit geht.

Wenn man den Standort der österreichischen Regierung bestimmen möchte, kann man das tun, indem man feststellt, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen zumindest bei der ÖVP mit der Aussage abblitzt, es sei eine rechtliche, moralische und politische Verpflichtung, jene Afghaninnen und Afghanen aufzunehmen, die ihr Land verlassen müssen. UN-Berichte über Hinrichtungen durch die Taliban untermauen dies: Selbst wenn man die Todesstrafe akzeptieren würde, könnte man nicht behaupten, dass hier faire Verfahren vorausgegangen sind. Das ist schon allein aufgrund der kurzen Zeit unmöglich. Es handelt sich vielmehr um schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen.

Zumindest ebenso stark hilft bei einer Verortung die Kritik der Forza Italia um Silvio Berlusconi an Ungarn, aber auch Österreich: Es sei nicht hinnehmbar, dass diese beiden Länder von vornherein eine totale Abschottung anstreben und die Last der Aufnahme der schwächsten Menschen auf andere Länder abwälzen würden.

Am deutlichsten wird der Standort der Regierung freilich, wenn man beachtet, dass es im Unterschied zur ÖVP in der deutschen AfD keine einheitliche Linie zur Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen gibt, wie Fraktionschef Alexander Gauland bestätigt. Wenig überraschend gibt es Stimmen dagegen. Gauland selbst würde jedoch all jene ins Land lassen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben.

Diese Verortung ist kein Selbstzweck. Es geht um viel mehr. Nämlich darum, dass Menschen- und damit auch Flüchtlingsrechte für Österreich ganz offensichtlich nicht mehr universell sind. Sie werden vorzugsweise eigenen Staatsbürgern zugestanden und anderen zunehmend nur, wenn’s parteipolitisch gefällt bzw. eben gar nicht. Wäre das weltweite Übung, könnte man all die Konventionen einstampfen. Das wäre ein zivilisatorischer Rückschritt.

Bei der ÖVP überrascht das nicht zwangsläufig; sie folgt hier einer neuen Rechten. Für die Grünen wird das ein grundsätzliches Problem. Birgit Hebein hat das mit ihrem Parteiaustritt signalisiert, der Vorarlberger Grünen-Chef Johannes Rauch hat es damit, dass er die Totalverweigerung gegenüber Afghaninnen und Afghanen als Schande bezeichnete, bekräftigt. Ja, auf solchen Druck hin hat sich auch Vizekanzler und Bundes-Grünen-Sprecher Werner Kogler wieder einmal zu Wort gemeldet. Er vermisst beim Koalitionspartner die Menschlichkeit, wie er in einer Aussendung wissen lässt, in der er auch fordert, dass sich „Österreich nicht noch weiter in der europäischen Gemeinschaft isoliert“.

Natürlich: Die Politik der österreichischen Regierung in dieser Frage ist genau genommen keine türkis-grüne, sondern eine türkise. Mehr noch als alle Menschen in diesem Land sind die Grünen jedoch mitgefangen und stehen vor der Frage, ob sie weiterhin dulden sollen, dass die nicht mehr universellen Menschenrechte auch noch teilbar werden: Rechte in unterschiedlichen Bereichen und in ebensolchen Zusammenhängen greifen ineinander über. Insofern ist das Argument, dass es zwar eine türkise Flüchtlings-, andererseits aber wenigstens eine grüne Klimapolitik gebe, ein schlechtes: Überall geht es immer auch um Menschenrechte.

Andauernde Feuer- oder Flutkastrophen tangieren Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte genauso wie unendliche Trockenheit (z.B. in Bezug auf „Freiheit, Gleichheit, Solidarität“ bzw. gleiche Entwicklungsmöglichkeiten aller). Umgekehrt können das – vielleicht banaler, aber nicht bedeutungslos – auch grundsätzlich vernünftige Ökologisierungsschritte tun, die gewisse Vor- oder Nachteile z.B. allein aufgrund des Wohnorts vergrößern – und die schwer nur mit dem Hinweis abgetan werden können, dass ein ungebremstes Fortschreiten des Klimawandels irgendwann überhaupt alle Rechte obsolet machen würde.

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