Mikl-Leitners Schicksalswahl

-

ANALYSE. Doskozil hat gezeigt, was geht. Mikl-Leitner muss an diesem Wahlsonntag Schlimmeres befürchten. Zu vieles droht sich zu rächen.

An diesem Sonntag findet der wohl größte Urnengang des Jahres 2024 in Österreich statt: 1,3 Millionen Personen sind berechtigt, an den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen teilzunehmen. In Wien werden es Ende April sehr wahrscheinlich etwas weniger sein.

Die Ausgangslage für die ÖVP: Sie hält die meisten Bürgermeister im Land und auch die absolute Mehrheit der Gemeinderatsmandate. Was soll ihr da schon passieren? Möglich ist viel. Landesparteiobfrau Johanna Mikl-Leitner hat unlängst selbst von „unglaublichem Gegenwind“ gesprochen. Aufgrund der bundespolitischen Entwicklungen sei’s „äußerst schwierig“. Wobei: Landespolitische Entwicklungen sollten nicht vergessen werden.

Anders als die burgenländische SPÖ von Hans Peter Doskozil hat es die niederösterreichische ÖVP von Mikl-Leitner bisher nicht geschafft, sich auch in dieser Zeit multipler Krisen zu behaupten. Das ist umso verhängnisvoller für sie, als diese tief sitzen.

Schon bei der Gemeinderatswahl im Mostviertler Waidhofen an der Ybbs, wo Wolfgang Sobotka einmal Bürgermeister war und zu Hause ist, tat sich vor drei Jahren Alarmierendes aus schwarzer Sicht: Die ÖVP stürzte von über 60 auf kaum mehr als 40 Prozent ab. Die damals gefragte Impfgegnerliste MfG kam auf Anhieb auf 17 Prozent. Vor zwei Jahren verlor die ÖVP hier bei der Landtagswahl 18 Prozentpunkte und landete bei knapp 37 Prozent. Diesmal legte die FPÖ zu, konnte ihren Stimmenanteil auf über 23 Prozent verdoppeln.

Die kleine Stadt steht beispielhaft für weite Teile des ländlichen Raumes: Seit Sebastian Kurz enttäuscht hat und Krisen herrschen, bricht die ÖVP weg. Gewinnen Protestparteien wie zunächst MfG und jetzt die FPÖ.

Dass Schwarze auf Bundesebene dabei sind, Herbert Kickl zum Kanzleramt zu verhelfen, macht die Sache nicht besser für sie. Im Gegenteil: Bei der „Foresight“-Befragung zur burgenländischen Landtagswahl haben 53 Prozent der ÖVP-Anhänger erklärt, dass sie die Koalitionsverhandlungen in Wien mit Sorge sehen und 14 Prozent, mit Ärger. Da muss es sich schon um sehr große Anhänger handeln, dass sie der Partei treu bleiben; oder bei einer Gemeinderatswahl um ebensolche, die den Bürgermeister persönlich schätzen und daher alles andere in den Hintergrund rücken. Aber wie viele sind das schon?

Das ÖVP-Problem in Niederösterreich ist, dass Mikl-Leitner der FPÖ nichts entgegenzusetzen hat. Im Gegenteil: Von einem Miteinander- ist sie zu einem Gegeneinander-Kurs übergegangen, um es ihr gleichzutun. Das Regierungsprogramm, das Grundlage der seit zwei Jahren bestehenden Zusammenarbeit auf Landesebene bildet, hat sie überhaupt die Freiheitlichen diktieren lassen. Erstes Kapitel daher: Corona. Inklusive Entschädigungsfonds.

Diese Gemeinderatswahl könnte eine Schicksalswahl für Mikl-Leitner und den Kurs werden, den sie zu verantworten hat: Kommt kein passables Ergebnis für ihre Partei heraus, wie es im Burgenland für die SPÖ der Fall war, wird es eng für sie. Zumal es ohnehin Zeit wird, allfällige Weichenstellungen für die Landtagswahlen in drei Jahren vorzunehmen – inhaltliche wie personelle.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner