Kurz im europäischen Porzellanladen

ANALYSE. Der EU-Vorsitz dient dazu, den Wahlkampf auf eine neue Ebene zu heben – und nebenbei Angela Merkel stürzen zu lassen.

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ANALYSE. Der EU-Vorsitz dient dazu, den Wahlkampf auf eine neue Ebene zu heben – und nebenbei Angela Merkel stürzen zu lassen.

Der Schaden ist unermesslich. In Anbetracht der politischen Verhältnisse in Deutschland hat man sich ohnehin schon darüber wundern müssen, dass sich die österreichische Regierung mit der CSU-geführten bayerischen zusammentut. Das allein war ein Signal gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Was Sebastian Kurz (ÖVP) an der Seite von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an diesem Mittwoch in Linz aufführte, übertraf jedoch die schlimmsten Befürchtungen. 

Nicht nur, dass das Treffen ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise stand, Kurz nützte die Gelegenheit auch, Merkel frontal anzugreifen: Diejenigen, die im Jahr 2015 die Grenzen geöffnet haben, „haben es verschuldet, dass es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich, und die Situation vielleicht noch schlimmer wird“, betonte er laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Presse“.

Die Sache wäre schlimm genug, stünde Sebastian Kurz nicht vor dem EU-Vorsitz und würde sich Merkel gerade nicht – um ihr politisches Überleben kämpfend (!) – um eine europäische Lösung bemühen. Vor diesem Hintergrund muss man nun endgültig davon ausgehen, dass Kurz (erstens) eine solche Lösung gar nicht im Sinn hat; und dass er (zweitens) Söder und dem deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) dabei helfen möchte, Merkel zu stürzen.

Die Folgen einer solchen Politik mag man sich gar nicht ausmalen.

Die Folgen einer solchen Politik mag man sich gar nicht ausmalen: Kurz ist eine „Achse“ mit einer extrem rechten Regierung in Italien, die de facto von dem Rassisten Matteo Salvini geführt wird, und einer bayerischen Truppe, die versucht, als AfD light zu überleben, lieber, als eine Zusammenarbeit mit dem pro-europäischen Bündnis, um das sich Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron bemühen. Das nämlich ist das nächste: Stellt sich der österreichische Kanzler gegen Merkel, macht er sich auch Macron zum Feind. Und das hat nicht nur eine persönliche Komponente: Es geht vielmehr darum, dass man keinen erfolgreichen EU-Vorsitz führen kann gegen Berlin und Paris.

Doch das ist möglicherweise ja eben gar nicht erwünscht: Der Verdacht liegt nahe, dass es „einfach nur“ immer weiter und auf jeder Ebene darum geht, den Nationalratswalkampf fortzusetzen; täglich zu warnen, dass sich eine Flüchtlingskrise wie im Jahr 2015 nicht wiederholen dürfe, dass man gewappnet sein müsse – und so einen entscheidenden Teil der Öffentlichkeit in einem Ausnahmezustand zu halten, der letzten Ende zu weiteren Wahlerfolgen führen soll. Koste es, was es wolle.

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