Koglers traurige Notregierung

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ANALYSE. Zur Verhinderung von Kickl ein Vierparteienbündnis? Das Schlimme ist, dass hier allenfalls Machtinteressen verbindend wären. Entscheidendes würde fehlen.

Im Interview mit dem „Standard“ hat Vizekanzler und Grünen-Sprecher Werner Kogler gemeint, dass mit einem Bundeskanzler Herbert Kickl (FPÖ) „Obánistan“, ja Niedergang kommen würde. Auf die Frage, was er tue, um das zu verhindern, antwortete er: „Da müssen jetzt alle konstruktiven Kräfte sich einhaken und zusammenarbeiten. Dazu rufe ich auch die Gewerkschaften, die Unternehmerverbände, die SPÖ, die Neos und die Verantwortungsvollen in der ÖVP auf. Gerade weil die ja in einigen Ländern mit den Freiheitlichen regiert. Wir müssen der Lügenpropaganda Kickls eine neue Aufklärung entgegensetzen.“

Lassen wir beiseite, dass sich Kogler hier nicht ganz selbstlos geäußert hat. Dass er aufgrund der grünen Not (dürftige Umfragewerte) versucht, sich im Anti-Kickl-Wettbewerb hervorzutun gegen SPÖ-Chef Andreas Babler. Und zwar im Wissen, dass man so vielleicht am ehesten noch Wähler:innen für sich gewinnen könnte. Sagen wir, Kogler gehe es wirklich um die parlamentarische Demokratie.

Dann kann es zunächst plausibel klingen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, damit es zu keinem Volkskanzler kommt, der vom ersten Tag an irgendeinen Volkswillen behauptet, um sich eine größere Legitimation zu verschaffen und im Endeffekt tun und lassen zu können, was ihm gefällt, also im wahrsten Sinne des Wortes autoritär zu sein.

Aber ist es sachlich wirklich vernünftig? Was dagegen spricht: Kickl ist mit dem, wofür er steht, nicht allein böse, alle anderen sind nicht nur gut. Beispiel Demokratiepflege: Inseratenkorruption bzw. Sich-Medien-Kaufen oder Gefällig-Halten ist weniger blau als vielmehr türkis oder rot (Stadt Wien). Das Amt des Nationalratspräsidenten wird gerade von einem Türkisen (Wolfgang Sobotka) gegen die Wand gefahren. Gegen Staatsanwaltschaften sind Türkise ins Feld gezogen. Und so weiter und so fort.

Der Punkt ist: Kickl profitiert schon auch davon, dass die politische Kultur schwer beschädigt ist. Dass das Vertrauen in Kanzler und Co. im Keller ist. Wer ihn aufhalten will, muss sich um eine Wiederherstellung dieser Kultur bemühen.

Eine bloße Vier- oder Dreiparteienkoalition ohne FPÖ wäre noch kein Dienst dafür. Neben Grünen oder Neos müssten ihr immer ÖVP und SPÖ angehören, damit es die nötige Mehrheit gibt. Doch gerade diese Parteien tragen unterschiedlich Verantwortung für den gegenwärtigen Zustand der Republik. Und zwar so sehr, dass man sich immer wieder davon abbringen muss, zu sagen, es sei eh alles hoffnungslos.

Wo ist in der ÖVP das staatstragende Bürgerliche? In St. Pölten? In Linz? In Salzburg? Da und dort mag es hin und wieder noch aufblitzen. Eine innerparteiliche Anti-Türkisen-Bewegung, die gegen dumpfen Rechtspopulismus – und damit auch ernsthaft gegen Kickl – gerichtet ist, ist jedoch weit und breit nicht in Sicht.

Wo sind in der SPÖ Akzente für eine neue Politik, für Demokratisierung im 21. Jahrhundert, erkennbar? Babler steht für Basis, dazu gekommen, hier aufzuzeigen, ist er bisher jedoch nicht. Die Wiener Kleingartenaffäre hat ihn eher zurückgerissen. Die dortigen Genossen sind auch diejenigen, die basisdemokratische Ansätze zusammengestutzt haben. Nötig wäre mehr: Eine Förderung informierter, entscheidungsstarker Bürgerinnen und Bürger beispielsweise. Das wäre Gegengift zu einer Orbanisierung bzw. dem, was Kickl unter anderem erfolgreich macht.

Das Schlimme wäre, dass eine Vielparteienregierung, die bloß dazu dient, den Freiheitlichen zu verhindern, unter diesen Umständen und beim gegenwärtigen Zustand von ÖVP und SPÖ einzig und allein eine wäre, die von Machtinteressen getragen wird. Es würde nichts anderes geben, was alle daran Beteiligten verbindet. Reicht das? Längerfristig sicher nicht, würde Kickl lediglich profitieren davon.

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