Kickl bleibt Kickl

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ANALYSE. Der FPÖ-Chef wird sich nicht ändern. Er fühlt sich vielmehr bestätigt durch den Gang der Dinge.

Mit FPÖ-Chef Herbert Kickl werden die ORF-Sommergespräche abgeschlossen. Wie er es anlegt, ist vorgezeichnet, Klaus Webhofer ist vorgewarnt: Vor zwei Jahren hat Kickl in der Gesprächsreihe behauptet, der Ort, ein Zimmer im Parlament, habe „den herben Charme eines Stasi-Verhörzimmers“ und hinzugefügt: „Das schneiden Sie jetzt aber nichts raus!“ Womit er dem ORF zweierlei unterstellte: Bösartig zu sein und zu manipulieren

Im vergangenen Jahr warf Kickl Martin Thür, der die Sommergespräche damals moderierte, „unsauberen Journalismus“ vor. Sozusagen eine Draufgabe, die diesem Ziel diente: Dem ORF nicht nur zu unterstellen, bösartig zu sein und zu manipulieren. Sondern ihn bzw. Thür als Interviewer zu delegitimieren.

Und heuer? Eine Delegitimierung hat Kickl schon lange im Vorfeld beginnen lassen. Wie berichtet hat er seinen ORF-Stiftungsrat Peter Westenthaler zum Skandal erklären lassen, dass das Sozialforschungsinstitut „Foresight“ Umfrageergebnisse beisteuert. Das sei „dreist“, so Westenthaler, das Institut sei „SPÖ-nah“. Was falsch und rufschädigend ist, aber eben helfen soll, unliebsame Fakten allenfalls als unglaubwürdig darzustellen.

Nur kurz währten seit dem Sommergespräch 2024 da und dort Spekulationen, dass sich Kickl vielleicht ändern könnte. Und zwar nachdem er der ÖVP geholfen hatte, die Koalitionsgespräche mit ihm abzubrechen bzw. er sich selbst ums Kanzleramt gebracht hatte. Er sieht das jedoch ganz und gar nicht so bzw. sieht sich bestätigt, auf ganz oder gar nicht zu gehen.

Würde heute gewählt werden und würde dabei das herauskommen, was Umfragen ergeben, könnte er sich damit vielleicht sogar durchsetzen: Er würde die FPÖ auf weit über 30 Prozent führen und die ÖVP weitere Verluste erleiden; ebenso wie die SPÖ. In der SPÖ würden Stimmen lauter werden, sich irgendwie mit dem Wahlsieger zu arrangieren und in der ÖVP Johanna Mikl-Leitner, Thomas Stelzer, Karoline Edtstadler, Markus Wallner und Manuela Khom, die auf Landesebene längst in einer Koalition mit der FPÖ sind, feststellen, dass halt auch auf Bundesebene nichts anderes übrig bleibe, weil sich so viele Leute ganz offensichtlich nach „Mitte-Rechts“ sehnen würden.

Gewählt wird nicht heute, sondern wohl erst in vier Jahren. Umso weniger hat Kickl jedoch Grund sich zu ändern. Zumal er sich über mehrere Politikfelder eine relative Mehrheit erarbeitet hat und die meisten Felder auch in den kommenden Jahren etwas abwerfen werden.

Im Zentrum stehen die Krisen: Wirtschaft, Inflation und Budget. Die Teuerung wird vielleiht nachlassen, ein großes Wirtschaftswachstum ist jedoch nicht in Sicht und die budgetären Herausforderungen werden laut Fiskalrat ab 2027 eher zunehmen. Da hakt Kickl ein, bestärkt Leute in ihrem Gefühl, dass Wohlstand verloren geht und fügt hinzu, dass „die Einheitsparteien“, also ÖVP, SPÖ, Neos und Grüne, schuld daran seien. Beziehungsweise „das System“, dem im Unterschied zu ihm, dem „Volkskanzler“, vollkommen egal sei, wie es Herr und Frau Österreicher gehe.

Zum Hauptübel laut Kickl gehört Zuwanderung. Die Behauptung, dass es Herr und Frau Österreicher ohne sie ökonomisch spürbar besser gehen würde und keine Budgetsanierung nötig wäre, ist unsinnig. Sie verfängt jedoch, weil es in weiten Teilen der Bevölkerung ein massives Unbehagen gibt. Es mag dort am größten sein, wo die wenigsten Zuwanderer leben, das ändert jedoch nichts am Problem: Damit lassen sich Stimmen gewinnen.

Kickl wird die FPÖ kaum auf 40 Prozent oder mehr führen können. Das ist jedoch kein Trost: Es geht um eine klare relative Mehrheit, die Mitbewerber schwach und anfällig für eine Koalition mit ihm macht.

Und für diese relative Mehrheit ist noch ein Politikfeld relevant, das in absehbarer Zeit nicht verschwinden wird: Kickls Absage an jegliche Unterstützung der Ukraine und sein Neutralitätsgerede entspricht einer Sehnsucht sowie einer Vorstellung sehr vieler Menschen in Österreich. Hierzulande hat man gelernt, sich wegzuducken und einzureden, dass einem, wenn man sich raushält und als neutral bezeichnet, nichts passieren könne. Kickl bestärkt das mit der FPÖ allein. Und es sichert ihm allein gut und gerne 25, 30 Prozent.

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