ANALYSE. Mit der schwarz-rot-pinken Regierung geht zunächst einmal ein Stilbruch einher. Das macht sie aber noch nicht zu einer guten Regierung.
Innenpolitisch könnte eine beschauliche Zeit angebrochen sein. Es ist heuer zwar schon „unglaublich“ wie passiert, wie „Krone“-Chefredakteur Klaus Herrmann in einem Newsletter seiner Zeitung schreibt, in den vergangenen Tagen ist aber kaum noch etwas dazugekommen.
So wenig jedenfalls, dass sich Herrmann gezwungen sieht, daran zu erinnern, vor einem Monat festgestellt zu haben, dass die damaligen Regierungsverhandler Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) noch nicht einmal auf ein Bier miteinander gegangen seien. Und? Wenig später seien die Verhandlungen gescheitert, und heute stelle sich die Frage nach dem Bier „weniger denn je“. Ja und? Nichts. Die Ausführungen sind bezeichnend: Die schwarz-rot-pinke Regierung liefert keine Schlagzeilen. Also gibt’s Belanglosigkeiten.
Mit dem Kabinett von Kanzler Stocker geht ein Stilbruch einher: „Sein statt Schein“ ist angesagt. Bei den Vorgängern war’s umgekehrt. 2017 sind ÖVP und FPÖ mit der Ansage „Comeback für Österreich“ angetreten, 2020 ÖVP und Grüne mit der Botschaft „Das Beste aus beiden Welten“. Schwarz-Rot-Pink hingegen steht schlicht für Kompromisse – und bekennt sich auch noch dazu.
Karl Nehammer hat sich nach der Nationalratswahl im vergangenen Herbst um „Kein Weiter wie bisher“ bemüht. Damit hat er sich nichts Gutes getan: Er sagte es als Obmann einer Partei, die seit bald 40 Jahren ein bestimmender Faktor der österreichischen Politik ist, die seit 25 Jahren fast durchgehend den Finanz- und den Innenminister stellt sowie seit acht Jahren den Kanzler.
Offenbar ging es ihm jedoch darum, darüber hinwegzutäuschen und Leuten gerecht zu werden, die Regierenden misstrauen und Veränderung wollen. Bloß: Was fehlte, war auch nur eine Andeutung dazu, was „Kein Weiter wie bisher“ bedeuten soll.
Stocker und Co. verzichten auf solche Phrasen, betreiben aber – zumindest stilistisch – „Kein Weiter wie bisher“. Vielleicht entspricht es dem bisherigen Generalsekretär der ÖVP und Vizebürgermeister von Wiener Neustadt. Jedenfalls ist es etwas Wohltuendes.
Es macht die Regierung aber noch nicht gut. Wesentlich bleibt darüber hinaus der Inhalt. Da ist noch viel zu viel ungeklärt. Zum Beispiel in Bezug auf Europa, Sicherheit und Verteidigung: Raimund Löw ortet in einem „Falter“-Newsletter „geopolitische Realitätsverweigerung“. Tatsächlich ist offen, zu wie viel Solidarität und Zusammenarbeit Österreich bereit ist. Zum militärischen Beistand etwa liefern Stocker Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) unterschiedliche Antworten. Das ist kein Zustand.