Jahre des Niedergangs

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BERICHT. Gegenüber Dezember 2021 haben sich die Vertrauenswerte von Bundespräsident, Kanzler und Parteiobleuten zum Teil stark verschlechtert. Ausnahme: Herbert Kickl.

Wenn man davon ausgeht, dass die Strategie von Herbert Kickl (FPÖ) ist, „das System“, gegen das er ja ausdrücklich antritt, zu zertrümmern, dann hat er unter unfreiwilliger, aber tatkräftiger Mithilfe relevanter Akteure bereits messbare Erfolge erzielt. Das zeigt eine Analyse von Vertrauenswerten, die das Meinungsforschungsinstitut OGM regelmäßig für den „APA/OGM-Vertrauensindex“ erhebt.

Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer mag dazu aufrufen, an Österreich zu glauben, ihm selbst glaubt jedoch eine schwindende Minderheit. Vor zwei Jahren, als er die Nachfolge von Sebastian Kurz angetreten war, schenkten ihm immerhin 48 Prozent der Wahlberechtigten ihr Vertrauen. Heute sind es nur noch 30 Prozent. Das sind um mehr als ein Drittel weniger. Umgekehrt ist der Anteil derer, die ihm nicht vertrauen, um die Hälfte auf 61 Prozent gestiegen.

Wie ist das erklärbar? Möglicherweise so: Nehammer hat nie zu einem eigenen Kurs gefunden. Er pendelt zwischen bürgerlicher Mitte und rechtem Rand hin und her. Damit irritiert er (fast) alle. Nicht überschätzt werden kann im Übrigen die Wirkung seiner Aussagen über teilzeitbeschäftigte Frauen, die durch ein Video im September einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden sind. Sie hat er damit wohl eher gegen sich aufgebracht. Es sind Hunderttausende.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte schon vor zwei Jahren kaum noch etwas zu verlieren. Er schafft es trotzdem, noch tiefer zu fallen: Statt 17 vertrauen ihm nur noch 14 Prozent, statt 70 misstrauen ihm heute umgekehrt ganze 80 Prozent. Kein Wunder: Er steht nicht für Über-, sondern für Parteilichkeit.

Bemerkenswert sind auch die Verluste, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen erlitten hat. Er hat sich klar gegen Herbert Kickl (FPÖ) gestellt, und Kickl arbeitet gerne damit, um Anhänger zu mobilisieren. Vielleicht wiegt aber auch dies schwer: Er schafft es nicht, zu diversen Problemlagen so viel oder das zu sagen, was sich viele Menschen erwarten würden. Vertrauten ihm vor zwei Jahre noch 66 Prozent, so tun es heute mit 56 Prozent jedenfalls deutlich weniger.

Stark verschlechtert haben sich im Übrigen die Werte von Vizekanzler und Grünen-Sprecher Werner Kogler und alles in allem nur geringfügig jene von Neos-Vorsitzender Beate Meinl-Reisinger. Vorerst bescheiden sind jene von SPÖ-Chef Andreas Babler, der neu in der Wertung ist.

Daneben gibt es eine Ausnahme. Wobei: Man kann feststellen, dass Herbert Kickl nach wie vor der Parteiobmann ist, der knapp, aber doch, die übelsten Vertrauenswerte hat. Dabei sollte man zwei Dinge jedoch nicht unterschlagen: Während sich die Werte der anderen zum Teil stark verschlechtert haben, haben sich seine, ausgehend von einem katastrophalen Niveau, verbessert. Konkret: Statt 17 Prozent vertrauen ihm mittlerweile 28 Prozent und statt 80 Prozent misstrauen ihm 69 Prozent. Wie gesagt: Das sind grundsätzlich unterirdische Werte. Im Gesamtumfeld relativiert sich das jedoch. Und zwar zu seinen Gunsten.

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