ANALYSE. Die Kleinparteien wurden unters Fallbeil gelegt. Und die einzig größere Mitte-Linkspartei hat sich gerade selbst beseitigt.
Man könnte jetzt natürlich glauben, dass die Wahl endgültig gelaufen sei. Aber das ist nicht ganz korrekt: Mit der (vorläufigen) Implosion der Sozialdemokratie ist das Vakuum in der Parteienlandschaft nur noch größer geworden. Da kann sich die eine oder andere Partei so sehr ausdehnen, dass man es am Ende kaum glauben kann. Soll heißen: Absehbar ist weniger denn je. Zumal sich sehr, sehr viele Wähler gerade wieder neu überlegen müssen, wen sie unterstützen könnten.
Die Ausgangsklage ist bekannt. ÖVP und FPÖ sollen allen bisherigen Umfragen zufolge stark zulegen. An die 60 Prozent könnten sie zusammen gut und gerne erreichen. Wobei: Das war vor diesem Wochenende, als die Causa Silberstein ganz neue Dimensionen erlangte und die SPÖ mit Christian Kern an der Spitze ganz neue Probleme bekommen hat. Werden es jetzt gar 70 Prozent für Schwarz-Blau? Möglich. Aber das Potenzial abzuschätzen ist nicht zentraler Gegenstand dieser Analyse.
Die Sache ist eine ganz andere: Die Parteienlandschaft ist verkümmert. Die SPÖ ist vorläufig einmal als einzig größeres Mitte-Links-Angebot ausgefallen. Was immer in der Causa Silberstein noch bekannt wird, Fakt ist, dass sie zumindest bis Mitte August die Verantwortung für die üblen Facebook-Seiten trägt. Und das ist schon zu viel. Da wird ihr in den verbleibenden zwei Wahlkampfwochen keine Luft mehr dafür bleiben, sich mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit oder ähnlichem zu beschäftigen.
Wobei viele potenzielle SPÖ-Wähler ja ohnehin schon länger ein Problem hatten: Christian Kern hatte die programmatische Neuausrichtung im Sinne eines dritten Weges nie auf den Boden gebracht. Stattdessen wetteiferte er mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache immer wieder darum, wer denn der „bessere“ Fremdenpolitiker ist. Ein Ergebnis ist gerade in Kraft getreten: das Burka-Verbot, das auch mit sozialdemokratischen Stimmen eingeführt worden ist.
Der 15. Oktober droht zu einer Abstimmung zu verkommen, ob man eine Kurz-Strache-Regierung unterstützt oder nicht.
Selbstverständlich gibt es neben ÖVP, FPÖ und SPÖ noch ein paar andere Parteien. Mit Umfragen sind diese zuletzt jedoch unters Fallbeil gelegt worden: Erst am Freitag berichtete „Heute“, dass Grüne, Neos und die Liste Pilz jeweils vier Prozent halten. Dass ist eine Katastrophe für die drei, geht davon doch eine verhängnisvolle Botschaft aus: „Vorsicht, wenn Sie einer davon Ihre Stimme geben, können Sie nicht sicher sein, ob sie es überhaupt ins Parlament schafft!“
Das könnte sich nun ändern. Theoretisch müsste eine schwache SPÖ vor allem den Grünen und der Liste Pilz nützen. Sicher ist das aber nicht. Zumal die beiden ja auch gerade einen schwierigeren Trennungsprozess hinter sich haben, der sie für den einen oder anderen Sympathisanten schwer wählbar macht.
Einfach haben es Österreicher, die nicht von Sebastian Kurz oder Heinz-Christian Strache begeistert sind, jedenfalls nicht. Und das ist zwar mit Sicherheit eine Riesenchance für die beiden, zugleich aber hat auch ein demokratiepolitisches Problem: Die Auswahl ist ebenso begrenzt, wie der unverzichtbare Wettbewerb zwischen den Parteien dabei ist, zusammenzubrechen. Ja, der 15. Oktober droht zu einer Abstimmung darüber zu verkommen, ob man eine Kurz-Strache-Regierung unterstützt oder nicht.
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