ANALYSE. Was „extreme“ Wahlergebnisse im Olympischen Dorf für Grüne, aber auch Türkise zum Ausdruck bringen.
Nach sechs Jahren muss der Grüne Georg Willi das Amt des Bürgermeisters von Innsbruck an den Ex-ÖVP-Funktionär Johannes Anzengruber übergeben. In der Stichwahl konnte sich Willi eher nur in jüngeren, zentrumsnahen Bezirken durchsetzen. Insgesamt reichte das bei weitem nicht: Rund 40 Prozent der Stimmen entfielen auf ihn, knapp 60 Prozent auf Anzengruber.
Extrem waren die Verhältnisse im Olympischen Dorf, wo überdurchschnittlich viele Arbeiter:innen leben und die Einkommen unterdurchschnittlich sind. Das ist eine der Gegenden, auf dieSubstanz.at schon nach der jüngsten Gemeinderatswahl den Fokus gelegt hat. Grund: Sie sind eher (!) repräsentativ für ganz Österreich. Mit ihnen steht und fällt die FPÖ.
Zum Olympischen Dorf gehören acht Wahlsprengel. Bei der Stichwahl sind hier nun 2014 gültige Simmen erfasst worden. 18 Prozent davon entfielen auf Willi, 82 Prozent auf Anzengruber.
Grundsätzlich ist dieses Ergebnis wenig überraschend: Im ersten Wahlgang war hier der Freiheitliche Markus Lassenberger mit 26 Prozent auf eine relative Mehrheit gekommen. Anzengruber folgte mit 18 Prozent. Willi musste sich mit neun Prozent begnügen.
Was sagt das? Auch wenn man berücksichtigt, dass es sich hier erstens um eine Persönlichkeits- und zweitens um eine Kommunalwahl handelte, bleiben Botschaften von bundesweiter Bedeutung; insbesondere für Grüne und Türkise.
Bei den Grünen bleibt es nicht nur beim Problem, dass sie bei bestimmten Wählergruppen de facto nicht ankommen, was dazu beiträgt, dass ihr Potenzial grundsätzlich stark begrenzt ist. Sie erhalten darüber hinaus zunehmend auch Konkurrenz links der Mitte. In Wien droht ihnen eine solche durch Dominik Wlazny (Bierpartei), in Salzburg tat es das zuletzt durch Kommunisten und in Innsbruck jetzt durch Kommunisten sowie andere.
Im Olympischen Dorf schaffte KPÖ-Kandidatin Pia Tomedi im ersten Wahlgang immerhin vier Prozent. Mag sein, dass das auch damit zu tun hatte, dass Willi (hier eben auch nur neun Prozent) als durchaus bürgerlicher Vertreter gilt und damit links von ihm mehr Platz ist. Wien und Salzburg zeigen aber, dass das Ganze eine ernstzunehmende Sache für die gesamte Partei ist.
In der ÖVP könnte das Wahlergebnis als Bestätigung interpretiert werden; auch wenn diese durch Anzengruber erbracht worden ist, den sie verstoßen hat (zu dem sie jetzt aber wieder sehr freundlich ist): Rechts der Mitte ist viel zu holen. Sebastian Kurz hat genau darauf gesetzt und war vor allem 2019, als die Freiheitlichen infolge der Ibiza-Affäre abgestürzt sind, sehr erfolgreich damit. Da hat er ihnen bei der Nationalratswahl eine Viertelmillion Stimmen abgenommen.
Karl Nehammer bemüht sich erratisch und daher ohne Erfolg ebenfalls darum (Stichwort Leitkultur, Schengen-Veto etc.). Das muss jedoch nichts heißen. Nach Wahlniederlagen kann es in der ÖVP zu Richtungs- und Personalentscheidungen kommen, bei denen aus einem einfachen Grund wieder konsequent auf den Kurz-Weg gesetzt wird: Er ist mit Ober- und Niederösterreich sowie Salzburg bereits in drei bedeutenden ÖVP-Ländern eingeschlagen worden – und in Innsbruck sieht man, was geht. Anzengruber war hier vor allem in FPÖ-Hochburgen wie dem Olympischen Dorf erfolgreich.