Hinter Nehammer und Babler

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ANALYSE. Die Bundesparteichefs haben nichts zu befürchten: Es drängt sich niemand auf, der’s besser könnte. Das sagt viel aus über den Zustand von ÖVP und SPÖ.

Die Aussichten für die ÖVP von Karl Nehammer und die SPÖ von Andreas Babler sind nicht gut. Es ist davon auszugehen, dass Freiheitliche sowohl bei der EU-Wahl am 9. Juni als auch bei der Nationalratswahl am 29. September auf Platz eins kommen werden. Seit über einem Jahr tut sich da wenig bis nichts, liegen sie in den Rohdaten weit vorne (Rohdaten stehen für befragte Wählerinnen und Wähler, die eine Präferenz angeben).

Andererseits: Das Ende der türkisen Volkspartei mit Nehammer an ihrer Spitze ist damit genauso wenig eingeläutet wie jenes einer nach links ausgerichteten SPÖ mit Andreas Babler in der ersten Reihe. Das ist zwar beruhigend für die beiden, sagt jedoch viel aus über den Zustand ihrer Parteien.

Siehe Steiermark: Landeshauptmann Christopher Drexler steht dort für eine eher noch bürgerliche, ja durchaus schwarze ÖVP. Sein Stellvertreter in der Regierung, Anton Lang, verkörpert wiederum eine gemäßigte Sozialdemokratie, die sich in der Mitte sieht und keine großen Veränderungen will; die sich damit begnügt, zu verwalten. Beide müssen nun mit einer bitteren Niederlage rechnen: Sie, die in den vergangenen Jahrzehnten (natürlich nie gleichzeitig) jeweils auf mehr als 40 Prozent gekommen waren, halten derzeit laut „Kleiner Zeitung“ kaum mehr als 20 Prozent.

Sprich: In der Bundes-ÖVP wird in absehbarer Zeit kaum jemand sagen können, richten wir uns doch wieder so aus, wie wir es in der guten alten Zeit getan haben. Das ist kein Konzept mehr. Es gibt niemanden, der damit noch groß punkten kann. Es gibt kein schwarzes Vorzeigemodell mehr. Niederösterreich hat überhaupt abgedankt.

Und selbst Verfassungsministerin Karoline Edtstadler oder Finanzminister Magnus Brunner, die gerne als letzte Hoffnungen der Partei gehandelt wurden und werden, verblassen: Ihr Problem ist, dass sie keine mehrheitstaugliche Geschichte zu erzählen haben, dass sie einer Masse nichts sagen. Edtstadler verstolperte sich zuletzt mit einer Aussage zur 41-Stunden-Woche und Brunner zeigt keine Ambitionen.

In der SPÖ sind die Vertreter einer Mitte oder einer Großen Koalition (wie Anton Lang) nicht viel besser aufgestellt. Gerne wird Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke genannt, der da und dort auch mit Franz Vranitzky verglichen wird. Darüber kann man sich spätestens seit den Schwierigkeiten um die Wien-Energie im Sommer 2022 wundern. Quasi bei seiner Feuerprobe ist er glatt durchgefallen: „Je mehr Hanke versuchte, zu beruhigen, desto beunruhigender wurde das“, notierte der „Standard“ seinerzeit zu einem Auftritt des Finanzstadtrates in einer ZiB2. Klar: Hanke war unter Druck gestanden. In der Bundespolitik würde er das aber andauernd – und müsste er zudem auch, was er auf kommunaler Ebene nie muss und offenbar auch nicht so gut kann: In schwierigen Zeiten so reden, dass „die“ Leute finden, „okay, der hat’s drauf“.

Am besten seht in der Sozialdemokratie auf seinem Posten ausgerechnet der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil da. Er hat es sich in seinem überschaubaren Bundesland gerichtet, muss weniger Verluste bei „seiner“ Landtagswahl im kommenden Jahr befürchten als etwa Michael Ludwig in Wien. Aber der Mann polarisiert in der Partei noch viel mehr als Babler.

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