Herrschen mit „Krone“

ANALYSE. Wie Medienpolitik ein demokratiepolitisches Problem macht – und nun auch noch eine Verschärfung zu befürchten ist. 

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ANALYSE. Wie Medienpolitik ein demokratiepolitisches Problem macht – und nun auch noch eine Verschärfung zu befürchten ist.

Die „Kronen Zeitung“ ist die mit Abstand reichweitenstärkste und schon von daher mächtigste Zeitung der Republik. Das ist ihr grundsätzlich zuzugestehen; ein Stück weit steckt Können dahinter. Problematisch ist jedoch, wie das, was in Österreich „Medienpolitik“ ist, ihre herausragende Stellung auch noch stärkt. Und was jetzt auch noch durch den Einstieg des Immobilien-Milliardärs René Benko zu befürchten ist.

So vieles regt hierzulande schon gar nicht mehr auf.

So vieles regt hierzulande schon gar nicht mehr auf, sorgt weder für Kritik noch für eine gewisse Unterhaltung: Dass Regierungskreise vergangene Woche laut „Die Presse“ beispielsweise die „Kronen Zeitung“ vorab und exklusiv über den Spionagefall beim Bundesheer informiert hat. Wo gibt es so etwas? Wenn schon, dann ist das eine Sache von allgemeinem öffentlichen Interesse, die eine Regierung, die ganz Österreich verpflichtet ist, nicht einfach nur einer bestimmten Zeitung stecken kann.

Oder der Leserbrief von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), den das Blatt natürlich gerne veröffentlicht hat: Immerhin bedankt sie sich „aufrichtig“ für „die sachliche und vor allem gelassene Berichterstattung in der „Krone“ über die Entscheidung der Bundesregierung, dem UN-Migrationspakt nicht beizutreten“.

Doch was hätte Kurz machen sollen, wenn die „Krone“ neben der FPÖ so wirkungsvoll informiert?

Was diese Ablehnung des Migrationspaktes betrifft, ist es jetzt müßig, darüber zu diskutieren, was zuerst war: Hat die Kampagne von FPÖ oder jene der „Krone“ dazu geführt, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) klein beigegeben hat – nachdem er das Werk vor gar nicht allzu langer Zeit noch ausdrücklich begrüßt hatte: „Das wird sicherstellen, dass es eine geordnete internationale Herangehensweise an diese Herausforderungen gibt“, zitiert der deutsche Nachrichtensender n-tv aus einer Rede, die derselbe Sebastian Kurz „2017, noch als Außenminister, bei der UN-Vollversammlung“ gehalten habe.

Doch was hätte der Kanzler nun auch machen sollen, wenn die „Krone“ neben der FPÖ so wirkungsvoll informiert? Beispiel: Online bringt sie den Pakt in voller Länge und markiert darin Sätze, die für eine Gesamtbeurteilung entscheidend sein sollen. Ein nicht ganz unbedeutender Satz wird von ihr jedoch nicht hervorgehoben. Dieser nämlich: „Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen …“

In einem Land mit hohen demokratiepolitischen Standards würde es auch so etwas nicht geben.

Doch sei’s drum. Alles in allem darf der Kanzler zufrieden sein, wie er von der „Krone“ dargestellt wird. Auch die Politik von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wird von ihr gefördert. Jüngstes Beispiel: Ein alarmierender Bericht über 20.000, zum Teil gewaltbereite Flüchtlinge, die an der bosnischen Grenze nur darauf warten, Richtung Norden, also auch nach Österreich, durchbrechen zu können. Blöd nur: Nach einem Re-Check der ARD blieb nicht viel übrig davon, außer „Stimmungsmache mit Messer-Migranten“. Doch das ist eine andere Geschichte.

In einem Land mit hohen demokratiepolitischen Standards würde es auch so etwas nicht geben: Die öffentliche Hand inseriert vorzugsweise in Boulevardmedien und damit auch in der „Krone“, als gäbe es kein Morgen. Unter sozialdemokratischer Führung war das in der Bundespolitik schon bisher so und ist es in Wien noch immer. Auf Bundesebene setzt Türkis-Blau das fort.

Das Inseraten-Volumen entspricht dem Gegenwert von 130.000 Jahres-Abos. 

Im ersten Halbjahr 2018 belief sich das Volumen öffentlicher Inserate in der „Krone“ auf 7,58 Millionen Euro, wie der Medientransparenzdatenbank zu entnehmen ist. Das entspricht fast schon der gesamten Presseförderung, die Medienqualität und -vielfalt auf gesetzlicher Grundlage in einem ganzen Jahr dienen soll. 2017 betrug das Inseratenvolumen zugunsten der „Krone“ den Veröffentlichungen zufolge ganze 18,83 Millionen Euro. Das entspricht dem Gegenwert von 130.000 Jahres-Abos (je 11,90 Euro/Monat).

Doch jetzt kommt auch noch diese Meldung: René Benko, laut „Trend“ mit einem Vermögen von 3,81 Milliarden Euro die Nummer acht auf der Liste der reichsten Österreicher, „greift nach der „Krone““ („Die Presse“-Schlagzeile). Das ist zumindest besorgniserregend: Man darf und kann dem 41-Jährigen nichts unterstellen. Das grundsätzliche Problem ist jedoch, dass er ohnehin schon sehr viel Macht, Geld und damit auch Einfluss hat. Selbstverständlich auch auf die Politik.

Unter diesen Umständen ist es brisant, wenn er letzten Endes wirklich danach streben sollte, nicht nur eine Minderheit an der „Krone“ zu übernehmen, sondern über dieses Medium überhaupt bestimmen zu können. Das wäre zu viel. Da wäre Benko im Falle des Falles schon von sich aus gut beraten, sich zu überlegen, wie er die Unabhängigkeit des Blattes so glaubwürdig zum Ausdruck bringen könnte, wie es irgendwie noch möglich wäre.

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